Wirtschaftszahlen 2019 und Pandemieeffekte

Getrübte Stimmung bei Kunststofferzeugern

Geschlossene Geschäfte, Reiseverbote, stillstehende Produktionsanlagen: Die Corona-
Pandemie hat die globale Wirtschaft zeitweise lahmgelegt. In Europa haben das vor allem
Frankreich, Spanien und Italien zu spüren bekommen. Aber auch Deutschland als wichtige
Exportnation verzeichnet Einbrüche, etwa den Rückgang der Warenausfuhren im April um
31,1 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat. In diesem kritischen Umfeld müssen sich die
kunststofferzeugenden Unternehmen behaupten. Sie tun das aus einer Phase der Schwäche
heraus, wie die Kennzahlen für 2019 belegen: So sank die Produktion von Kunststoff im
vergangenen Jahr um 3,9 Prozent auf 18,2 Millionen Tonnen. Damit einher ging ein Umsatzrückgang
von 7,3 Prozent auf nunmehr 25,3 Milliarden Euro. Während der Export mit
1,7 Prozent moderat sank und eine Menge von 13,1 Millionen Tonnen erreichte, verzeichnete
der Import von Kunststofferzeugnissen einen deutlicheren Rückgang um 4,5 Prozent auf jetzt
9,9 Millionen Tonnen.

Dass die wirtschaftliche Lage der Kunststofferzeuger in Deutschland herausfordernd sei,
unterstrich Dr. Michael Zobel, Vorstandsvorsitzender von PlasticsEurope Deutschland e. V.:
„Bereits 2019 war ein schwieriges Jahr für uns. Mit den guten Abschlüssen bei der
Kunststoffmesse K im Oktober in Düsseldorf und einer ersten Erholung in den zwei
Anfangsmonaten dieses Jahres war die Zuversicht zunächst groß“, so Dr. Zobel. „Allerdings
haben die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie manchen Aufholprozess abrupt zunichte
gemacht.“

In der schwersten Rezession seit dem 2. Weltkrieg gehen Prognosen von Banken und
Instituten für das laufende Jahr mit einem Rückgang der Weltwirtschaft von teils mehr als fünf
Prozent aus. Gemäß einer Repräsentativumfrage des Verbands der Chemischen Industrie zur
wirtschaftlichen Situation seiner Mitgliedsunternehmen gaben deutlich über 50 Prozent der
einbezogenen kunststofferzeugenden Unternehmen an, „schwer“ bis „sehr schwer“ von
Auftragsrückgängen im Zuge der Pandemie betroffen zu sein. Mehr als 65 Prozent der
Befragten erwarten zudem einen deutlichen Umsatzrückgang bei ihrem Europageschäft.
„Sinkende Kapazitätsauslastung, fehlende bzw. verspätet eintreffende Vorprodukte,
Behinderungen durch Grenzschließungen: Die aktuellen Probleme der Kunststoffindustrie sind
mannigfaltig und akut“, analysierte Dr. Zobel. „Die Stärke unserer Branche – unsere
Exportbilanz und die enge Verflechtung mit den europäischen Nachbarn – ist während der
Corona-Krise ein Nachteil. Aus unserer Sicht ist es nun entscheidend, die richtigen
strukturpolitischen Weichen zu stellen und insbesondere die Stärkung des Technologiestandorts
Deutschland – Stichwort Digitalisierung – schneller voranzutreiben.“

Ein Schritt in die richtige Richtung ist für den Vorstandsvorsitzenden der Ende Mai durch die
EU-Kommission vorgestellte Recovery Plan zum wirtschaftlichen Wiederaufbau und zur
Stabilisierung der europäischen Volkswirtschaften. „Bereits vor Corona litt die Industrie unter
einem zunehmenden Nationalismus und Protektionismus rund um den Globus“, so Dr. Zobel.
„Eine weitere Abkehr vom freien Handel in Europa als Folge der Pandemie würde Absatz- und
Beschaffungsmärkte unserer Branche unter Druck setzen und Wachstum gefährden.“
Skeptisch sieht er staatliche Verbote oder Abgaben, etwa auf nicht rezyklierte Kunststoffverpackungsabfälle.
Um auch Kunststoffabfälle als wertvollen Rohstoff wieder im Kreis zu
führen, brauche es vielmehr weitere Anstrengungen, so bei recyclingfähigem Design,
Abfalltrennung sowie Sortier- und Aufbereitungsverfahren. Stärker einzubeziehen seien zudem
Informations- und Sensibilisierungsmaßnahmen: Laut einer forsa-Umfrage achten nur noch 65
Prozent der 18- bis 29-Jährigen in Deutschland auf eine konsequente Mülltrennung, während
es in der Generation 60+ immerhin 86 Prozent sind. Um all diese Möglichkeiten zu nutzen,
müssten sich die relevanten Akteure aus Politik, produzierenden Unternehmen, Handel und
Recyclingwirtschaft untereinander zukünftig noch intensiver verständigen.