Aufgrund des pandemiebedingten Rückgangs der weltweiten Fahrzeugproduktion hat sich der Umsatz von Autoneum in Lokalwährungen 2020 um –18.7% reduziert. Dank des weltweiten Kostensenkungsprogramms und der Verbesserungen aus dem Turnaroundprogramm in Nordamerika hat Autoneum trotz des Markteinbruchs eine EBIT-Marge von 1.6% erwirtschaftet. Der signifikant auf 112.5 Mio. CHF gesteigerte Free Cashflow hat zudem einen deutlichen Abbau der Nettoverschuldung (exklusive Leasingverbindlichkeiten) um –63.3 Mio. CHF ermöglicht.
2020 war gekennzeichnet durch die Coronapandemie und ihre massiven Auswirkungen auf die Weltwirtschaft. Weltweite Lockdowns und Produktionsstopps bei Fahrzeugherstellern hatten im ersten Halbjahr einschneidende Folgen für die gesamte Automobilindustrie und Autoneum. Zwar hat sich der Markt im zweiten Semester wieder erholt, die Zahl der produzierten Fahrzeuge blieb aber im Gesamtjahr deutlich unter Vorjahresniveau. Dank der umgehenden Anpassung der Kostenstruktur an das reduzierte Marktvolumen und der beim Turnaround in Nordamerika erreichten Verbesserungen konnte Autoneum 2020 jedoch in einem extrem schwierigen und volatilen Marktumfeld einen operativen Gewinn erwirtschaften.
Umsatzentwicklung auf Marktniveau
Die Zahl der 2020 weltweit produzierten Fahrzeuge lag mit 74.6 Mio. –16.1% unter dem Vorjahr: 2019 wurden rund 89 Mio. Fahrzeuge produziert. Der negativen Marktdynamik entsprechend, sank der Umsatz von Autoneum 2020 in Lokalwährungen um –18.7%. Dass der Rückgang im Vergleich zum Markt leicht höher ausfiel, ergibt sich aus dem geringeren Anteil von Asien am Gesamtumsatz von Autoneum. Beeinflusst durch die Aufwertung des Schweizer Frankens gegenüber den für Autoneum wichtigsten Währungen, reduzierte sich der konsolidierte Umsatz von 2 297.4 Mio. CHF im Jahr 2019 um –24.2% auf 1 740.6 Mio. CHF im Jahr 2020. Während die Coronapandemie im ersten Halbjahr 2020 aufgrund vorübergehender Produktionsstopps einen Markteinbruch zur Folge hatte, waren die Erholung und der Nachholbedarf im zweiten Semester auch im Umsatz von Autoneum deutlich erkennbar.
Operativer Gewinn durch globales Kostensenkungsprogramm und substanzielle Verbesserungen in Nordamerika
Die weltweit deutlich gesunkenen Produktionsvolumen und die dadurch bei Autoneum verursachte, unvermittelte Unterauslastung der Fertigungskapazitäten wirkten sich stark negativ auf die Profitabilität des Unternehmens aus. Autoneum hat darauf mit umfangreichen Sofortmassnahmen reagiert: So wurden die Betriebsausgaben auf das absolut notwendige Minimum beschränkt und die Personalkosten zeitnah in allen Bereichen an die geringeren Produktionsvolumen angepasst. Zusätzlich konnten die Investitionen dank der hohen Investitionstätigkeit in den vergangenen Jahren auf ein Minimum reduziert werden. Die Anpassung der Kosten an die neue und auch für die kommenden Jahre prognostizierte Marktrealität ermöglichte es Autoneum, im zweiten Halbjahr deutlich von der globalen Erholung zu profitieren.
Die für den Turnaround in Nordamerika essenzielle Unterstützung durch Konzernspezialisten vor Ort war durch die pandemiebedingten, massiven Reiserestriktionen erschwert und nicht im gewünschten Umfang möglich. Dennoch ist es dem Team in Nordamerika gelungen, deutliche und nachhaltige Verbesserungen zu erzielen. Dank des weltweiten Kostensenkungsprogramms und der positiven Beiträge aus dem Turnaroundprogramm in Nordamerika hat Autoneum 2020 trotz des Markteinbruchs ein positives operatives Ergebnis erwirtschaftet. Das EBIT stieg gegenüber dem Vorjahr um 60.8 Mio. CHF auf 27.8 Mio. CHF, wobei das Vorjahres-EBIT, vor Einmaleffekt aus Wertberichtigungen, in Höhe von 35.0 Mio. CHF trotz des Umsatzrückgangs nahezu erreicht wurde. Die EBIT-Marge verbesserte sich auf 1.6% (2019: –1.4%). Nach Abzug des Finanz- und Steuerergebnisses betrug das Konzernresultat im Gesamtjahr 2020 –10.7 Mio. CHF (2019: –77.7 Mio. CHF inklusive Sonderwertberichtigungen in Höhe von –68.0 Mio. CHF).
Stark verbesserter Free Cashflow ermöglicht Reduktion der Nettoverschuldung
Striktes Kostenmanagement und die Steuerung der Investitionen in Sachanlagen auf das notwendige Minimum resultierten in einem um 122.5 Mio. CHF verbesserten Free Cashflow von 112.5 Mio. CHF (2019: –9.9 Mio. CHF). Dabei waren die reduzierten Investitionen in Sachanlagen in Höhe von 41.9 Mio. CHF (2019: 125.8 Mio. CHF) der Haupttreiber für die Zunahme des Free Cashflows. Dank des disziplinierten Kostenmanagements verbesserte sich auch der operative Cashflow trotz der hohen Umsatzeinbussen gegenüber dem Vorjahr deutlich auf 149.7 Mio. CHF (2019: 119.2 Mio. CHF). Die positive Cashflow-Entwicklung ermöglichte im Jahr 2020 erstmals seit 2016 wieder einen Abbau der Nettoverschuldung (exklusive Leasingverbindlichkeiten) um –63.3 Mio. CHF auf 271.7 Mio. CHF (31. Dezember 2019: 335.0 Mio. CHF). Die Eigenkapitalquote sank per 31. Dezember 2020 auf 22.9% (31. Dezember 2019: 27.1%). Ausschlaggebend dafür waren neben dem negativen Konzernergebnis vor allem die direkt im Eigenkapital zu erfassenden Währungsverluste aus der Umrechnung der Abschlüsse ausländischer Tochtergesellschaften in den erstarkten Schweizer Franken.
Aufgrund des negativen Konzernergebnisses und um die finanzielle Gesundung des Unternehmens nicht zu belasten, empfiehlt der Verwaltungsrat anlässlich der Generalversammlung am 25. März 2021 einen Dividendenverzicht für das Geschäftsjahr 2020.
Personelle Veränderungen im Verwaltungsrat
Der Verwaltungsrat schlägt Liane Hirner und Oliver Streuli neu zur Wahl in den Verwaltungsrat vor. Beide verfügen über eine umfassende Expertise in den Bereichen Finanzen und Unternehmenssteuerung. Peter Spuhler wird sich an der Generalversammlung nicht mehr zur Wiederwahl stellen, um sich auf die Führung von Stadler Rail zu fokussieren. Er war bei der Gründung des Unternehmens ein wichtiger Impulsgeber, hat Autoneum dank seiner unternehmerischen Expertise wesentlich mitgeprägt und sich mit grossem Engagement für das Unternehmen eingesetzt. Der Verwaltungsrat dankt ihm dafür herzlich und wünscht ihm weiterhin viel Erfolg.
Innovationsführerschaft im Einsatz für Kunden und Umwelt
Zwei Trends haben die Automobilindustrie 2020 bestimmt: die fortschreitende Elektrifizierung und Nachhaltigkeit. Autoneum hat diese früh in Forschung und Entwicklung antizipiert und bietet heute ein Produktportfolio, das nicht nur an den individuellen Bedürfnissen der Fahrzeughersteller ausgerichtet ist, sondern auch den Erwartungen der Endverbraucherinnen und -verbraucher an nachhaltige Mobilität entspricht. Um Kunden bei zukünftigen Modellen die Entscheidung für besonders umweltfreundliche Komponenten leicht zu machen, hat das Unternehmen im Berichtsjahr als erster Automobilzulieferer ein Nachhaltigkeitslabel für Akustik- und Wärmemanagement lanciert.
«Autoneum Pure.» steht für Technologien mit einer ausgezeichneten Umweltbilanz in allen vier Phasen des Lebenszyklus: Materialbeschaffung, Produktion, Nutzung und Entsorgung. So qualifizieren sich beispielsweise Komponenten mit einem hohen Anteil an rezyklierbaren Materialien oder solche, die eine deutliche Gewichtseinsparung gegenüber vergleichbaren Standardkomponenten erreichen, für das Label. Autoneum bietet verschiedene multifunktionale Technologien an, die die hohen Vorgaben an «Autoneum Pure.»-Produkte erfüllen: Ultra-Silent für Unterboden- oder Batterieunterschilder, Di-Light für Teppichsysteme, Prime-Light und IFP-R2 für Stirnwand- und Bodenisolationen sowie Hybrid-Acoustics PET für Elektromotorkapselungen und Motoranbauteile.
Ein weiterer Anwärter auf die Auszeichnung als «Nachhaltigkeitschampion» steht bereits in den Startlöchern: 2020 hat Autoneum einen spezifisch für Elektrofahrzeuge entwickelten vorderen Kofferraum aus Ultra-Silent lanciert. Mit der stark zunehmenden Nachfrage nach Elektroautos steigt auch der Bedarf an Komponenten, die durch ihr geringes Gewicht eine höhere Fahrreichweite dieser Fahrzeugkategorie ermöglichen. Die innovative Komponente aus Ultra-Silent ist dank ihrer Textilfasern besonders leicht, was zu weniger Fahrzeuggewicht, geringerem Energieverbrauch und längerem Fahrspass beiträgt. Gleichzeitig verbessert der vordere Kofferraum aus Ultra-Silent die Fahrzeugakustik. Dank der schallabsorbierenden Materialkomposition dämmt die Ultra-Silent-Komponente im Elektroauto störende Geräusche, zum Beispiel von Wärmepumpen und Reifen, an der Quelle. Darüber hinaus ist der Ultra-Silent-basierte vordere Kofferraum besonders nachhaltig: Er besteht vollständig aus PET und enthält bis zu 70% rezykliertes Material.
Nachhaltigkeit beschränkt sich jedoch nicht auf E-Fahrzeuge: Für Modelle aller Antriebe bietet Autoneum mit Relive-1 neu einen innovativen Tuftingteppich, der höchsten Ansprüchen an moderne Mobilität gerecht wird. Die mit dem «Autoneum Pure.»-Label für besondere Umweltfreundlichkeit ausgezeichnete Technologie für die Kompakt- bis Premiumklasse überzeugt durch einen besonders nachhaltigen Einsatz von Rohmaterialien: So werden für die Herstellung der Teppichfasern nur rezyklierte PET-Flaschen verwendet. Autoneum verwertet diesen Rohstoff wieder, schont so natürliche Ressourcen und verringert Kunststoffabfall. Gleichzeitig steht Relive-1 für die überdurchschnittliche Produktqualität von Autoneum: Im Vergleich zu Standardteppichen der Kompakt bis Oberklasse sind Relive-1-Teppiche langlebiger und verfügen über eine exzellente Reinigungsfähigkeit, wovon insbesondere häufig in der Freizeit genutzte Fahrzeuge wie SUVs profitieren.
Business Groups
Mit –25.6% entsprach der Umsatzrückgang der Business Group Europe in Lokalwährungen der regionalen, pandemiegetrübten Marktentwicklung. In Schweizer Franken sank der Umsatz auf 641.8 Mio. CHF (2019: 900.9 Mio. CHF). Dank der konsequenten Reduktion der Kosten und unter Nutzung staatlicher Programme wie Kurzarbeit konnte die Business Group ihre Kostenbasis rasch an das niedrigere Umsatzniveau anpassen. Der massive Umsatzrückgang im ersten Halbjahr belastete das EBIT jedoch stark, was im Gesamtjahr zu einem Rückgang auf 21.5 Mio. CHF (2019: 51.0 Mio. CHF) geführt hat. Dennoch wurde eine positive EBIT-Marge von 3.3% (2019: 5.7%) erreicht.
Auch in Nordamerika spiegelte das organische Umsatzminus der Business Group von –19.3% die negative Marktdynamik der Region wider. Aufgrund der Marktentwicklung und beeinflusst durch negative Währungseffekte, reduzierte sich der Umsatz in Schweizer Franken um –248.3 Mio. CHF auf 753.5 Mio. CHF (2019: 1 001.8 Mio. CHF). Im Rahmen des laufenden Turnaroundprogramms konnten 2020 deutliche operative und somit finanzielle Verbesserungen erreicht werden. Zudem wurden eine über das Turnaroundprogramm hinausgehende Ausgabenkürzung realisiert und Kosten soweit möglich flexibilisiert. Dementsprechend steigerte die Business Group das EBIT markant um 91.2 Mio. CHF auf –43.6 Mio. CHF (2019: –134.8 Mio. CHF inklusive Sonderwertberichtigungen in Höhe von –62.0 Mio. CHF). Vor Wertberichtigungen steigerte die Business Group North America das operative Ergebnis trotz der deutlichen Umsatzeinbusse um 29.2 Mio. CHF. In Asien als erster Region weltweit hat die Coronapandemie bereits im Februar zu Werksschliessungen
geführt. Der Hauptmarkt China hat sich noch im ersten Halbjahr auf Vorjahresniveau erholt und dieses im zweiten Halbjahr sogar übertroffen. Entsprechend verzeichnete die asiatische Automobilproduktion 2020 im Regionenvergleich mit –11.3% den geringsten Rückgang. Die Business Group Asia hat mit einem organischen Umsatzminus von nur –2.1% deutlich besser als der gesamtasiatische Markt abgeschnitten, dies dank der Erholung des für diese Business Group zentralen chinesischen Marktes. In Schweizer Franken ging der Umsatz auf 254.1 Mio. CHF zurück (2019: 275.7 Mio. CHF). Ausgabendisziplin und positive Effekte aus den bereits im Vorjahr eingeleiteten Personalanpassungen ermöglichten eine hohe Kostenreduktion, wodurch es der Business Group Asia 2020 trotz des Produktionsrückgangs gelang, ihr EBIT auf 22.2 Mio. CHF zu steigern (2019: 11.9 Mio. CHF inklusive Sonderwertberichtigungen in Höhe von –6.0 Mio. CHF). Gegenüber dem Vorjahr hat sich die EBIT-Marge mit 8.7% verdoppelt (2019: 4.3%). Auch die Business Group SAMEA (Südamerika, Mittlerer Osten und Afrika) hat den durch die Coronakrise stark geschrumpften Markt signifikant übertroffen. Während in der Region im Vergleich zum Vorjahr rund 20% weniger Fahrzeuge produziert wurden, ist der Umsatz der Business Group SAMEA inflations- und währungsbereinigt um lediglich –7.5% geschrumpft, wozu massgeblich volumenstarke Programme in der Türkei und in Südafrika beigetragen haben. Aufgrund der starken Abwertung verschiedener Währungen in dieser Region sank der in Schweizer Franken konsolidierte Umsatz um –29.7% auf 88.4 Mio. CHF (2019: 125.8 Mio. CHF). Durch die rasche Anpassung der Kosten an die eeduzierten Volumen erwirtschaftete die Business Group SAMEA im Berichtsjahr ein leicht verbessertes EBIT von 10.9 Mio. CHF (2019: 10.7 Mio. CHF); dies entspricht einer EBIT-Marge von stolzen 12.3% (2019: 8.5%).
Ausblick
Für 2021 wird gegenüber dem Vorjahr eine Zunahme der globalen Automobilproduktion erwartet, wobei die Zahl der produzierten Fahrzeuge laut Prognosen das 2019er-Niveau noch nicht wieder erreichen wird. Die Umsatzentwicklung von Autoneum dürfte der Entwicklung des Marktes entsprechen. Insbesondere der Geschäftsgang des ersten Halbjahrs 2021 wird stark vom weiteren Verlauf der Pandemie beeinflusst und dürfte dementsprechend volatil sein. Daher ist für das erste Halbjahr von einem leicht geringeren Umsatz im Vergleich zum zweiten Halbjahr 2020 auszugehen. Basierend auf der prognostizierten Marktentwicklung und weiteren operativen Verbesserungen in Nordamerika, erwartet das Unternehmen für 2021 eine EBIT-Marge von 4–5% und einen Free Cashflow im höheren zweistelligen Millionenbereich.