Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung – kurz OECD – hat in ihrem jüngsten Bericht Global Plastics Outlook: Economic Drivers, Environmental Impacts and Policy Options vier Kernmaßnahmen identifiziert, um den negativen Umweltauswirkungen von Kunststoffen zu begegnen. So sollen die Märkte für recycelte Kunststoffe gestärkt und Kunststoffinnovationen gefördert werden. Zudem ist es Ziel, die Abfallwirtschaft zu verbessern, die internationale Zusammenarbeit zu fördern und umfassendere Finanzierungen zu etablieren.
Die weltweite Kunststoffproduktion hat in den vergangenen Jahrzehnten stark zugenommen.
Kein Wunder, sind die vielseitigen, leichten und erschwinglichen Kunststoffe für unsere moderne Gesellschaft doch sehr nützlich: Sie helfen zum Beispiel, Lebensmittel zu schützen, Gebäude zu isolieren, Elektronik zu betreiben oder den Kraftstoffverbrauch unserer Fahrzeuge zu senken.
Neue Ideen
Kunststoff zu nutzen, bedeutet aber auch, dass wir neue Ideen brauchen, um den negativen Auswirkungen von Kunststoff zu begegnen.
So entstehen bei der Produktion hohe CO2-Emissionen – und auch große Abfallmengen gehen mit seiner Nutzung einher. Um diese Umweltauswirkungen zu verringern, haben viele Länder bereits Maßnahmen ergriffen. Die OECD hat diese in ihrem Bericht untersucht und daraus einige Handlungsempfehlungen abgeleitet.
Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick
Weltweit hat sich die Jahresproduktion von Kunststoffen verdoppelt und ist von 234 Millionen Tonnen im Jahr 2000 auf 460 Millionen Tonnen in 2019 gestiegen. Gleichzeitig haben sich auch die Kunststoffabfälle von 156 Millionen Tonnen im Jahr 2000 auf 353 Millionen Tonnen in 2019 mehr als verdoppelt.
Obwohl der Kunststoffverbrauch insgesamt um 2,2 Prozent im Jahr 2020 gegenüber 2019 zurückgegangen ist, hat die COVID-19-Pandemie zu einer deutlichen Erhöhung des Einwegkunststoffabfalls geführt.
Eine der Hauptursachen dafür, dass Makroplastik – also größere Kunststoffteile – in die Umwelt gelangen, sind falsch entsorgte Kunststoffabfälle. Im Jahr 2019 waren das 22 Millionen Tonnen Kunststoff. Makroplastik ist für 88 Prozent der Kunststoffleckagen verantwortlich, die hauptsächlich auf unzureichendes Sammeln und Entsorgen zurückzuführen sind.
Auch in den Gewässern haben sich bereits beträchtliche Mengen an Kunststoffen angesammelt: 109 Millionen Tonnen in den Flüssen und 30 Millionen Tonnen im Meer. Der CO2-Abdruck von Kunststoff trägt während des gesamten Lebenszyklus zu 3,4 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen bei.
Kein Plastik ist auch keine Lösung
Auf Plastik zu verzichten, ist jedoch auch keine Lösung. Die OECD hat andere Wege definiert, um den Auswirkungen von Kunststoffen auf die Umwelt zu begegnen und fordert:
- Entwicklung von Märkten für recycelte Kunststoffe durch die Kombination von Push- und Pull-Maßnahmen. Einige Länder haben ihre Märkte bereits erfolgreich gestärkt. Sie haben zum Beispiel das Angebot an Sekundärstoffen (Rohstoffe, die durch Aufarbeitung aus entsorgtem Material gewonnen werden) durch eine erweiterte Herstellerverantwortung ausgeweitet. Dadurch konnte die Nachfrage durch Zielvorgaben für den Recyclinganteil erhöht werden. Dass diese Maßnahmen erfolgversprechend sind, zeigt auch die jüngste Entkopplung der Preise für primäres und sekundäres PET in Europa sowie Innovationen in den Recyclingtechnologien.
- Förderung von Innovationen für einen kreislauforientierteren Lebenszyklus von Kunststoffen. Innovationen bringen erhebliche Vorteile für die Umwelt, indem sie die Menge der benötigten Primärkunststoffe verringern, die Nutzungsdauer von Produkten verlängern und das Recycling erleichtern.
- Größeres Engagement der nationalen Politik. Aktuell sind die rechtlichen und wirtschaftlichen Instrumente in den 50 OECD-, Schwellen- und Entwicklungsländern sehr unterschiedlich. Das Verbesserungspotenzial ist groß, denn Instrumente reduzieren zwar die Abfallmenge, dämmen aber den Gesamtverbrauch von Kunststoffen nicht ein. Damit weniger Makroplastik in die Umwelt gelangt, schlägt die OECD drei Phasen vor:
- Stärkung der Abfallwirtschaft, durch den Aufbau einer entsprechenden Infrastruktur für die sanitäre Abfallbewirtschaftung. Zudem die Organisation der Abfallsammlung und eine strukturelle Verringerung des Plastikmülls durch eine Ausweitung der Anti-Littering-Politik. Auch Rechtsvorschriften sollen besser umgesetzt werden.
- Schaffung von Anreizen für das Recycling und eine bessere Sortierung an der Quelle. Hierzu gehören Systeme der erweiterten Herstellerverantwortung, Deponie- und Verbrennungssteuerung sowie Pfandrückerstattungs- und Pay-as-you-throw-Systeme.
- Eine Beschränkung der Nachfrage und eine Optimierung des Designs, um Wertschöpfungsketten für Kunststoffe kreislauffähiger und recycelte Kunststoffe preislich wettbewerbsfähiger zu machen.
- Verbesserung der internationalen Zusammenarbeit, um die „net zero plastic leakage“ zu schließen. Um die Kreislauffähigkeit von Kunststoffen weltweit zu verbessern, muss sowohl eine länderübergreifende Angleichung von Designkonzepten erfolgen als auch eine Regulierung chemischer Stoffe. Darüber hinaus ist es notwendig, die Finanzmittel für Kunststoffe – insbesondere in Ländern mit niedrigem Einkommen – aufzustocken.
So viel Kunststoff wie nötig, so wenig wie möglich
Kunststoffe tragen schon heute stark zur Ressourcen- und Energieeffizienz bei und sparen während der Nutzung oftmals mehr Ressourcen ein, als für ihre Herstellung verbraucht wird.
Aufgrund ihrer hohen Materialeffizienz und ihres geringen Gewichtes sind sie oft sogar klimafreundlicher als andere Materialien. Kunststoffverpackungen schützen Waren und leisten damit einen wichtigen Beitrag zum Klima- und Ressourcenschutz.
Daher ist auch die Botschaft „Produktschutz = Klimaschutz“ für einen nachhaltigen Konsum nicht zu unterschätzten. „Der Wandel zur Klimaneutralität erfordert große Veränderungen in der Art, wie wir Kunststoffprodukte in Zukunft herstellen, nutzen und verwerten“, fordert daher auch Dr. Isabell Schmidt, Geschäftsführerin des IK.
Win-Win-Situation schaffen
Die weltweite Zukunftschance von Kunststoff liegt in einer effektiven und nachhaltigen Kreislaufwirtschaft.
Kunststoffverpackungen müssen dort genutzt werden, wo ihre Eigenschaften Sinn ergeben. Zugleich müssen wir sie immer effizienter und leistungsstärker gestalten und ihr Lebensende beim Design mitdenken, Stoffströme stärken und Abfälle von der Natur fernhalten. So schaffen wir eine Win-Win-Situation.
In Deutschland stehen Recyclingfähigkeit und Rezyklateinsatz bereits ganz oben auf der Agenda. Die Mitglieder der IK haben sich ambitionierte Ziele gesetzt: eine Million Tonnen Rezyklateinsatz und 90 Prozent Recyclingfähigkeit von Haushaltsverpackungen bis 2025.
Um dieses Ziel zu erreichen, muss jedoch die Abfallentsorgungsinfrastruktur verbessert werden. Das funktioniert nur, wenn Abfallmanagement in all seinen Varianten ein gemeinsames politisches Ziel ist.
Zeichen der Zeit längst erkannt
Die Hersteller von Kunststoffverpackungen in Deutschland fühlen sich dem Ziel einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft längst verpflichtet. Sämtliche Kunststoffverpackungen sollen entweder wiederverwendet oder recycelt werden. Zudem müssen diese erheblich mehr recycelte Kunststoffe enthalten als heute.
Dieses Ziel lässt sich aber nicht durch das Einführen einer Kunststoffsteuer erreichen. Sie belastet vielmehr Unternehmen mit einer weiteren Abgabe und entzieht ihnen Mittel, die sie für notwendige Investitionen im Sinne der Kreislaufwirtschaft benötigen. Dazu zählen das recyclinggerechte Design von Kunststoffverpackungen sowie neue Materialien und Maschinen.
Es ist vielmehr notwendig, marktwirtschaftliche Anreize zu schaffen. Dazu sollte die Politik den Übergang zur Kreislaufwirtschaft durch marktwirtschaftliche Instrumente unterstützen und nicht durch Steuern behindern.
Darüber hinaus sollte sich Recyclingfähigkeit finanziell lohnen. Die Überarbeitung des § 21 Verpackungsgesetz bietet die Gelegenheit, stärkere finanzielle Anreize für das recyclinggerechte Design von Verpackungen und den Einsatz von recycelten Kunststoffen zu setzen.
Außerdem sind europaweit einheitliche finanzielle Anreize für Recyclingfähigkeit und den Rezyklateinsatz in Verpackungen ein echter Innovationstreiber. Das würde Investitionen in das Verpackungsdesign und die Recycling-Infrastruktur erheblich fördern.
Auch Verbraucher:innen sind in der Pflicht
Last but not least liegt aber auch bei den Verbraucher:innen eine große Verantwortung. Denn nur, wenn sie den Müll richtig trennen, kann er entsprechend recycelt und die Recyclingziele auch erreicht werden.
Daher sucht die IK über die Plattform Sicher Verpackt den konstruktiven Dialog zu Konsument:innen und stellt dort auch regelmäßig neue Informationen für einen nachhaltigen Umgang mit Kunststoffverpackungen bereit. Wichtig ist, dass wir alle gemeinsam daran arbeiten, den negativen Umweltauswirkungen entgegenzuwirken: Unternehmen, Politik und Verbraucher.