Laufend stellt sich heute in der Kunststoff verarbeitenden Industrie – und zumal beim automatisierten Spritzguss – die Frage nach jenen Bedingungen, die eine kosteneffiziente Produktion ermöglichen. Die Problematik erstreckt sich dabei über den gesamten Anwendungsbereich, von einfachen Entnahmen bis hin zur komplexen Automatisierung von Einlegeteilen oder dem Umsetzen von Teilen im Werkzeug. Im Zuge der Produktion der neuen R9 TeachBox stand nun auch WITTMANN vor exakt dieser Herausforderung.
Bereits im Jahr 2017 präsentierte WITTMANN auf der damaligen Fakuma Fachmesse die neue R9 Robotersteuerung der Öffentlichkeit. Um als würdiges Nachfolgemodell der äußerst erfolgreichen vorangegangenen R8 gelten zu können, musste die R9 verschiedenen Anforderungen gerecht werden. Für den industriellen Bereich müssen die Bedieneinheiten zahlreichen Kriterien genügen. So ist etwa auch bei Verschmutzung ein sicherer Betrieb zu gewährleisten, höhere Temperaturen bzw. große Temperaturschwankungen dürfen keine Probleme verursachen, höchste Flexibilität und gleichzeitig größtmögliche Robustheit sind gefragt.
Die Gestaltung der neuen WITTMANN TeachBox der Baureihe R9 orientiert sich dezidiert an diesen Anforderungen, weshalb die Steuerung in einer speziellen 2-Komponenten-Ausführung realisiert wurde. Ein Rahmen aus ASA/PC-Blend dient der TeachBox als großflächige und stabile Auflage für ihren 10,1″ messenden Touchscreen, der auch bei starken Temperaturschwankungen den geringstmöglichen Verzug garantiert, und somit sichere und komfortable Bedienung. Um diesen Rahmen herum verläuft eine Stoßkante aus TPU, die die TeachBox auch bei Erhalt stärkerer Stöße zuverlässig schützt. Die Steuerung ist ergonomisch gestaltet, und mit ihrem Gesamtgewicht von weniger als 1.500 Gramm ist sie das reinste Leichtgewicht. Somit ermöglicht sie auch ein über längere Zeit andauerndes ermüdungsfreies Arbeiten.
2-Komponenten-Teil für die R9 Steuerung
Der Rahmen der R9 TeachBox wird auf einer SmartPower 240/750H/210S Spritzgießmaschine von WITTMANN BATTENFELD in 2-Komponenten-Ausführung unter Nutzung eines 2-Kavitäten-Werkzeugs hergestellt.
Das Umsetzen des in Kavität Nummer 1 gespritzten Vorformlings in Kavität Nummer 2 wird mithilfe eines Roboters realisiert. Beim für diese anspruchsvolle Spritzgießlösung zum Einsatz kommenden Roboter handelt es sich um einen neuen WITTMANN WX142 mit R9 Steuerung, der mit einem Mehrstationen-Greifer ausgestattet ist.
Der Mehrstationen-Greifer im Einsatz.
Die erste Station des Greifers entnimmt das Fertigteil aus der zweiten Kavität, bevor der Vorformling von der zweiten Greiferstation aus der ersten Kavität entnommen und in die zweite Kavität umgesetzt wird. Das Einsetzen des Vorformlings erfolgt dabei mithilfe von Zentrierstiften am entsprechenden Greiferteil, um eine gesicherte Positionierung bei gleichzeitigem Krafteintrag zu gewährleisten.
Automatisierung durch WX142 mit R9
Der WX142 weist ein maximales Traggewicht von 35 kg auf und kommt typischerweise auf Spritzgießmaschinen mit bis zu 500 Tonnen Schließkraft zum Einsatz.
Nicht nur, dass diese Arbeitszelle den Kunststoffrahmen der R9 TeachBox produziert, sie greift auch selbst auf die neuentwickelten Funktionen der Steuerung zu. So ist der Roboter voll in die Verarbeitungsmaschine integriert, und die Steuerung des Geräts ist über das standardmäßige B8 Bedienpanel der Spritzgießmaschine uneingeschränkt möglich.
Zur Vereinfachung des Programmiervorgangs kommt es durch die Verwendung der neuen so genannten Gerätegruppen-Funktionalität. Durch Nutzung dieser Gruppierungsmöglichkeit werden zusammengehörende Greifer- bzw. Vakuumkreise mit einem einzigen Befehl angesprochen, was die programmtechnische Aktivierung bzw. Deaktivierung der beiden Greiferstationen erheblich vereinfacht. Es genügt hier, dass der Bediener die entsprechend eingerichteten Gerätegruppen als solche aktiviert bzw. deaktiviert.
Virtuelle Abbildung realer Vorgänge
Eine weitere bedeutende Funktionalität stellt der mit der R9 Steuerung standardmäßig zur Verfügung stehende digitale Robot-Zwilling dar, der die Validierung der vom Roboter auszuführenden Abläufe jederzeit virtuell ermöglicht – und somit ohne Gefahr für Verarbeitungsmaschine und Roboter. Basierend auf der Programmierung generiert die Steuerung eine virtuelle Arbeitszelle, in deren Visualisierung gezoomt werden kann, wobei die Perspektive frei wählbar und jederzeit änderbar ist. Es wird also eine digitale Kopie (Zwilling) der tatsächlichen Arbeitszelle bzw. des Roboters in der Steuerung mitgeführt.
Dieser Zwilling verfügt über dieselben Ausstattungsmerkmale und Charakteristika wie das real existierende Equipment, und erlaubt somit die Simulation der anwendungsspezifischen Abläufe. Sobald entsprechende Teile eines Robotprogramms erstellt wurden, besteht die Möglichkeit, über das Test-Menü der Steuerung in den Simulationsmodus zu wechseln. Dieser Modus erlaubt auch die Simulation der Spritzgießmaschine anhand von hinterlegten Kenngrößen. Bewegungsabläufe von hoher Komplexität, die zu einer Kollision des Roboters mit der Schutzeinhausung oder den Holmen der Spritzgießmaschine führen könnten, verlieren so ihren programmiertechnischen „Schrecken“. Zusätzlich zur Verwendung des digitalen Zwillings auf der R9 Steuerung kann dieser auch auf einem PC gestartet werden.
Quelle: Witmann Battenfeld