Verantwortung ist das beste Argument

• Hochwertige Aufarbeitung von Rezyklat begünstigt Kreislaufwirtschaft
• Kunststoffmüll muss einen Wert bekommen
• Politische Vorgaben sind ebenso nützlich wie privatwirtschaftliche Initiativen

Interview mit Dr. Michael Ruf, COO Krauss Maffei Group

Wie kann ein Maschinenbauer wie KraussMaffei zur Kreislaufwirtschaft beitragen?

Dr. Michael Ruf: Den Kunststoff in einen Wertstoffkreislauf zu bringen, beziehungsweise ihn dort zu halten und so einen Beitrag zur Vermeidung von Plastikmüll zu leisten, ist unser tägliches Geschäft. Wir sehen uns als ein Unternehmen, das helfen kann, die Auswirkungen des Müllproblems zu verbessern. Wir forschen seit drei Jahrzehnten auf diesem Gebiet und entwickeln Recyclinglösungen. Wir werden auf der K zeigen, wie Rezyklate hochwertig aufbereitet und wiederverwertet werden können. Wir nennen das Upcycling.

Wie funktioniert das?

Dr. Ruf: Das Grundprinzip besteht beim Upcycling darin, aus Kunststoffrezyklat ein höherwertiges Produkt zu machen. In der Extrusion können Zusatzstoffe, beispielsweise Geruchstoffe hinzugefügt werden. Es können auch Stoffe entzogen werden. Wir können also ein Rezyklat, das nicht gut riecht in eines verwandeln, das so riecht, wie normales Grundmaterial. Auf der K zeigen wir, wie aus einem Eimer eine geschäumte, dekorierte A-Säule für ein Automobil entsteht.

Fragen die Kunden solche Lösungen vermehrt nach?

Dr. Ruf: Wir stellen fest, dass es sogar eine sehr große Nachfrage gibt. Bislang ist es meistens so, dass aus Rezyklaten minderwertigere Produkte hergestellt werden. Um Rezyklate für andere Produktgruppen verfügbar zu halten, ist es nötig, dass sie qualitativ hochwertig sind.

Ist dieses Upcycling ein kostspieliges Verfahren?

Dr. Ruf: Das ist ein High-Tech-Verfahren und das gibt es nicht gratis. Aber wir brauchen dieses Verfahren, damit wir die großen Mengen an nicht mehr verwendetem Kunststoff bewältigen können. Schließlich gibt es ja auch Vorgaben der Politik, den Rezyklatanteil oder die Wiederverwertbarkeit zu erhöhen, was wir im Übrigen sehr begrüßen.

Muss es zur Durchsetzung der Kreislaufwirtschaft Vorschriften geben?

Dr. Ruf: Vorschriften sind der eine Weg. Die Politik setzt Recyclingquoten fest und erhöht sie schrittweise. Das erzeugt Druck. Es geht aber auch anders. Ein anderer Weg ist es, den Wert des Kunststoffes und auch den des Kunststoffabfalls herauszustellen. Das geht zum Beispiel über Pfandsysteme. Eine leere PET-Flasche bekommt auf diese Weise einen Wert. In manchen Ländern ist sie sogar manchmal wertvoller als ihr Inhalt. Wenn das so ist, dann wird sie auch eingesammelt. Sammelsysteme können von der Politik initiiert werden.

In Deutschland gibt es schon Sammelsysteme und Recycling. Anderswo oft nicht. Wie sieht es zum Beispiel in China aus, dem Land Ihres Hauptaktionärs ChemChina?

Dr. Ruf: China ist das bevölkerungsreichste Land der Welt. Die Bemühungen um den Umweltschutz und die Kreislaufwirtschaft nehmen sichtbar zu. China startete Mitte des Jahres offiziell ein Sammelsystem. Man ist sich dort über die Notwendigkeit einer nachhaltigeren Wirtschaft sehr wohl im Klaren. ChemChina ist in der Erforschung von Lösungen ungemein aktiv. Wir arbeiten auch zusammen an Projekten und bringen unsere Expertise ein.

Was kann man denn ganz konkret als KraussMaffei tun?

Dr. Ruf: Wir können genau die Maschinen liefern, die aus dem eingesammelten Plastik wieder neue Produkte machen. Wir liefern also genau auf die
Bedürfnisse dieser Märkte abgestimmte Technologie, um dort eine Kreislaufwirtschaft zu ermöglichen. Diese Maschinen müssen nicht so komplex sein wie unsere Spitzenprodukte, aber sie sind mit Sicherheit genauso wirkungsvoll. Das ist das, was wir in China vertreiben und in China herstellen. Und das kann man natürlich auch genau so gut in anderen Märkten wie zum Beispiel in Südostasien oder Südamerika machen.

Inwieweit helfen vernetzte Produktionssysteme bei einem Kunststoff-Kreislauf?

Dr. Ruf: Wir vernetzen unter dem Stichwort Circular Economy die Kompetenzen von Extrusion, Spritzguss und unserem neuen Bereich Digital & Service Solutions. Das heißt, der gesamte Zyklus kann digital verfolgt werden. Zum Beispiel zur Erfassung von Schmelztemperaturen, Drücken und Schneckendrehzahlen während der Extrusion. Damit erhöhen wir die gesamte Qualitätskontrolle und zugleich auch die Effizienz.

Was ist aus Ihrer Sicht das beste Argument für eine Kreislaufwirtschaft bei Kunststoffen?

Dr. Ruf: Das ist die Verantwortung. Wir als Unternehmen wollen einen Beitrag leisten. Und das können wir auch. Wir helfen mit unserem technischen Know-how dabei, dass hochqualitative, lebenswichtige Kunststoffprodukte, beispielsweise in der Medizintechnik oder im Lebensmittelbereich, aus Rezyklaten hergestellt werden können. Hier engagieren wir uns, weil wir überzeugt sind, dass wir dadurch einen Beitrag leisten können, eine der Ursachen dieses globalen Problems zu beseitigen.

Quelle: VDMA