Der VDMA setzt sich für eine funktionierende Kreislaufwirtschaft für Kunststoffprodukte ein. Damit setzt er ein Zeichen gegen die Vermüllung der Umwelt durch Plastikabfälle und für einen sorgsamen Umgang mit Ressourcen. Kunststoffprodukte bieten in ihrer Lebensphase große Vorteile bei den Themen Hygiene, Leichtbau oder CO2-Einsparung. Voraussetzung für eine Kreislaufwirtschaft sind ihre Rezyklierbarkeit nach Gebrauch und die Wiederverwendbarkeit in neuen Produkten.
Entscheidend für das Gelingen der Kreislaufwirtschaft ist ein funktionierender Markt für den Einsatz von Kunststoff-Rezyklaten. Das betrifft sowohl die Menge, die Qualität als auch das Preisgefüge. Dieser Markt ist unter Druck, weil der Preis von Kunststoff-Neuware (Primärkunststoff) volatil und teilweise günstiger ist als der für Rezyklate (Sekundärkunststoff). Der Primärkunststoffpreis wird stark vom schwankenden Ölpreis beeinflusst. Dadurch gerät der Rezyklat Markt erheblich unter Druck.
Abhilfe könnte eine angemessene CO2 Bepreisung schaffen. Dafür setzen wir uns ein. Der CO2 Rucksack von Rezyklaten ist im Verhältnis zur Neuware um 1,5 bis 3,2 t leichter pro Tonne Kunststoff. Würde diese positive Klimabilanz eingerechnet werden, könnte eine Parität zwischen Primär- und Sekundärkunststoff hergestellt werden. Dies ist das marktwirtschaftliche Instrument der Wahl, bleibt aber seit vielen Jahren unberücksichtigt. Solange dieses Instrument nicht greift, sehen wir folgende Handlungsoptionen auf europäischer Ebene:
1. Pro Einsatzquote für Rezyklate (produktspezifisch)
Solange die Preisparität zwischen Primär- und Sekundärkunststoffen nicht hergestelltist, sollte eine temporäre Rezyklat- Einsatzquote differenziert nach Anwendungsfällenins Auge gefasst werden. Damit kann der Markt neu ausgerichtet und die preislicheSchieflage zwischen Rezyklaten und Neuware besser ausgeglichen werden. DieAusgestaltung der Quoten sollte schrittweise und dynamisch erfolgen, ausgehend von einfachen Anwendungsfällen außerhalb der Lebensmittelverpackung, bei denen Standardkunststoffe (PE, PP, PET, PS und PVC) eingesetzt werden. Ein guter Startpunkt könnte der sonstige Verpackungsbereich sein. Eine konsequent durchgesetzte Quotenregelung führt zu mehr Verwendung von Rezyklaten im Markt, trotz höherer Kosten und Mehraufwand bei der Verarbeitung. Gleichzeitig wird sie die Materialentwicklung bei Rezyklaten hin zu besseren Qualitäten befördern.
Wichtig ist allerdings, dass die Quoten-Regelung und die Marktüberwachung europaweit gilt und zügig umgesetzt wird. Voraussetzung ist, dass die Umsetzung bürokratiearm und ohne erhebliche negative wirtschaftliche Auswirkungen, insbesondere auf KMU und die Wettbewerbsfähigkeit, erfolgt.
2. Pro Design für Recycling
Kunststoffprodukte sollten grundsätzlich so designt werden, dass ihre Rezyklierbarkeitam Lebensende gewährleistet ist. Es geht darum, ein Bewusstsein zu schaffen,Kunststoffe in Produkten so zu kombinieren, dass eine klar definierte Materialtrennungbei den Abfallströmen erfolgen und damit die Recyclingfähigkeit hergestellt werdenkann. Dabei darf es keine allgemeingültigen horizontalen Design-Vorschriften geben,vielmehr sollten Best-Practice Verfahren am Markt geteilt werden.
3. Pro digitale Identifizierbarkeit von Altkunststoffen
Ein entscheidender Faktor bei der Kreislaufführung wird die transparente Verfolgbarkeitvon Kunststoffen über ihren Lebenszyklus sein. Die Kombination aus einemrecyclingfähig designten Produkt und dessen digitaler Nachverfolgbarkeit ermöglichteine größtmögliche Material-Wiederverwertung. Hier kann der digitale Produktpass, beirichtiger Ausgestaltung, ein Lösungsansatz sein.
4.Pro Standardisierung von Kunststoff-Rezyklaten
Kunststoffprodukte, unabhängig davon, ob aus Neuware oder Rezyklat, müssen hohenQualitätsanforderungen genügen. Umso wichtiger ist es, gesicherte Qualitätsstandardsauch für Rezyklate und deren Wiedereinsatz zu definieren. Das schafft Sicherheit fürdie Industrie und Vertrauen bei den Verbrauchern.
5. Keine unnötigen Einschränkungen bei der Verwendung von Rezyklaten
Aktuell bestehen Widersprüche in der Zielrichtung verschiedener Regelsysteme.Einerseits sollen die Recyclingquoten deutlich erhöht werden. Andererseits verhindernoder bremsen Verordnungen und Gesetze bzw. öffentliche Ausschreibungen denEinsatz von Rezyklaten. Beispielsweise wird der Rezyklateinsatz bei Mülltonnen undAbwasserrohren unterbunden. Im Bereich der Lebensmittelanwendungen gibt es zwarinzwischen Möglichkeiten des Rezyklateinsates bei PET-Verpackungen, diese lassensich allerdings aufgrund des abweichenden Polymerverhaltens nicht auf Polyolefineübertragen. Hier stehen starre Vorgaben einer Belebung der Kreislaufwirtschaft imWege. Einige dieser Regelsysteme müssen aktualisiert werden, um den Stand derTechnik besser zu spiegeln, und sie müssen gleichzeitig deutlicher an den umweltpolitischen Vorstellungen ausgerichtet werden. Auch dieser Prozess sollte schrittweise erfolgen.
6. Exportstopp von Plastikabfällen aus der EU in Drittstaaten mit geringerenUmweltauflagen
Kunststoffabfälle sind eine wichtige Ressource und damit wertvoll. Diese Ressource istder Grundstock für neue Kunststoffgranulate und damit neue Kunststoffprodukte. DerExport dieser Ressource schmälert den heimischen Grundstock und führt zuUmweltproblemen, wenn die Exporte in Länder gelangen mit niedrigeren ökologischenAuflagen als in der EU. Die geplante Überarbeitung der Waste Shipment Directivekann hier Lösungen liefern. Deshalb sollten die Kunststoffabfälle im Kreislauf der EUverbleiben, und es sollte ein Exportstopp in Länder außerhalb der EU mit niedrigerenUmweltauflagen verhängt werden.
7. Kunststoff für Klima
Kunststoffprodukte helfen in vielen Anwendungsfeldern den CO2-Fußabdruck zureduzieren, sowohl in der Herstellungs- als auch in der Produkt-Lebensphase.Leichtbauteile aus Kunststoff im Automobil sparen Kraftstoff, Gebäudeisolierungenmindern den Verbrauch von Heizöl, Verpackungen verhindern den Verderb vonLebensmitteln, deren CO2-Fußabdruck besonders groß ist. Kunststoffe tragen zurVerbesserung der CO2-Bilanz bei und schaffen damit echte Vorteile für denKlimaschutz. Um diese Leistungen deutlich zu machen und auch, um noch mehrbeitragen zu können, sind Transparenz und wirtschaftliche Anreize notwendig. ImSinne einer besseren Transparenz sollten Standards für die Bilanzierung des CO2-Fußabdrucks erarbeitet werden.
Ansprechpartner im VDMA
Dr. Sarah Brückner. Abfall- und Recyclingtechnik/Technik, Umwelt und Nachhaltigkeit 069/6603-1226, sarah.brueckner@vdma.org
Thorsten Kühmann, Kunststoff- und Gummimaschinen/Hybride Leichtbautechnologie 069/6603-1831, thorsten.kuehmann@vdma.org
Der VDMA vertritt rund 3300 deutsche und europäische Unternehmen des Maschinen- und Anlagenbaus. Die Industrie steht für Innovation, Exportorientierung, Mittelstand und beschäftigt rund vier Millionen Menschen in Europa, davon mehr als eine Million allein in Deutschland.