Kunststoffindustrie auf dem Weg in die Kreislaufwirtschaft

Junge Leute mit Emotionen statt mit klassischer Karriere begeistern

•    Schlechtes Kunststoff-Image hat Auswirkungen auf die Nachwuchsgewinnung
•    Großer Bedarf an Information und Bewusstsein-Schaffung in den Unternehmen notwendig
•    Kunststoffmaschinenbauer Kurtz Ersa geht mit gutem Beispiel voran

Die Kunststoffindustrie ist im Wandel begriffen in Richtung Kreislaufwirtschaft. Gemeinsame Ziele sind Ressourcenschonung durch Recycling, aber auch CO2-Reduktion bei Herstellung und Gebrauch von Kunststoffprodukten. Der Kunststoffmaschinenbau trägt mit seinen Technologieentwicklungen erheblich zur Umsetzung der „Circular Economy“ bei. Doch das Kunststoff-Image ist noch immer schlecht.

Häufig liegt die schlechte Meinung über Kunststoffprodukte an mangelnder Information.
Der VDMA Fachverband Kunststoff- und Gummimaschinen engagiert sich daher für den konstruktiven Dialog mit Industrievertretern, mit der Politik und auch mit der Öffentlichkeit. Denn die kritische Haltung zu Kunststoff hat auch negative Auswirkung auf die Nachwuchsgewinnung in den VDMA-Mitgliedsunternehmen. Junge Menschen fordern von ihren Arbeitgebern zunehmend nachhaltiges Handeln. Sie wollen sich mit ihrer Firma identifizieren und erleben, dass ihre Arbeit zu etwas Gutem beiträgt. Beim Kunststoffmaschinenbauer Kurtz Ersa hat diese Erwartung zu einem Umdenken geführt – mit Erfolg.

Kurtz Ersa punktet bei Nachwuchskräften mit Nachhaltigkeit

Nachhaltigkeit hat beim Familienunternehmen Kurtz Ersa mit Sitz im Spessart heute einen hohen Stellenwert. Sukzessive hat die Firma in den letzten Jahren ihre Produkte, ihre Geschäftsprozesse und auch ihr soziales Verhalten überprüft und verbessert. Mittlerweile gehört „Sustainability“ zum Markenkern, die vielen verschiedenen Nachhaltigkeitsprojekte des Unternehmens werden zentral gemanagt und strategisch ausgerichtet.
Zudem ist das klare Ziel formuliert bis zum 250. Geburtstag in 2029 klimaneutral zu sein. „Wir haben festgestellt, dass wir in Vielem zu kurzfristig gedacht und zu wenig getan haben, aber die jungen Menschen in unserem Unternehmen wie auch verschiedene Umweltbewegungen haben unseren Blick geschärft“, sagt Geschäftsführer Uwe Rothaug.

Kurtz Ersa dreht an vielen Stellschrauben gleichzeitig. Der Hersteller von Kunststoffmaschinen setzt bei seinen Produkten jetzt verstärkt auf Technologien, die Ressourcen schonen, die Kreislaufwirtschaft fördern, aber auch darauf, Alternativen zum öl-basierten Kunststoff zu verarbeiten. „Wir suchen nach Möglichkeiten, wie wir unsere Maschinen mit Blick auf diese Nachhaltigkeitsziele optimieren können, aber wir gehen für Neuentwicklungen auch in völlig neue Technologien“, sagt Constantin Kemmer, Leiter Research & Development, Kurtz GmbH. Ein Beispiel: Bei einer neuentwickelten Maschine wurde dank neuer Technologie eine Energieeinsparung von 90 Prozent errechnet. Ein großer Schritt Richtung Nachhaltigkeit, findet Kemmer.

Nicht nur in Entwicklung und Produktion, auch im Vertrieb, in der Verwaltung, in den Gebäuden und im Lager, überall sucht man bei Kurtz Ersa nach Wegen, Nachhaltigkeitsprozesse anzustoßen. „Wir drehen momentan jeden Stein um“, erklärt Marketingleiter Marcus Loistl. Sobald ein Verbesserungspotenzial identifiziert ist, geht es in die Umsetzung. „Die Geschwindigkeit ist wichtig. Man sieht schnell einen Effekt. Das macht die Anstrengungen glaubwürdig und man nimmt andere mit“, weiß Loistl. Die Akzeptanz der Maßnahmen ist vor allem in der jüngeren Belegschaft hoch. Dort ist auch das Engagement besonders groß.

Thema Nachhaltigkeit in Bewerbungsgesprächen immer wichtiger

Bei manchem der Jüngeren hat sich die Sensibilität für Nachhaltigkeit erst in den letzten Jahren herausgebildet. Der Facharbeiter Omid Asimi hat zum Beispiel seine Ausbildung bei der Kurtz GmbH gemacht. Er begann sie damals, weil er von den Maschinen beeindruckt war. Mit der Zeit stieß er in seinem privaten Umfeld auch auf Kritik und wurde gefragt, warum er denn für eine Firma aus der Kunststoffindustrie arbeite. „Ich habe dann genauer hingesehen und erkannt, dass Kurtz Ersa Wege sucht, wie man Kunststoff möglichst nachhaltig verarbeiten kann. Das finde ich richtig, denn Kunststoff selbst ist ja überall auf der Welt ein sehr wichtiges Material“, sagt er heute. Auch der Produktmanager Michael Müller war zunächst von der Technik im Maschinenbau angezogen, als er zur Kurtz GmbH kam. Mittlerweile legt er ein hohes Augenmerk auf Nachhaltigkeit. „Man hat eine Familie gegründet, ein Haus gebaut. Wir haben Nachwuchs bekommen, dann verändert sich die Denkweise. Man möchte etwas für die Kinder hinterlassen“, sagt er.

Nachhaltigkeit spielt auch in Bewerbungsgesprächen bei Kurtz Ersa eine immer größere Rolle. Gerade die jungen Bewerber interessieren sich weniger als früher für eine steile Karriere mit Firmen-Tablet und Dienstwagen. Stattdessen will man sich mit dem Unternehmen und seinen Werten identifizieren können. Entsprechend ändern sich auch die Stellenausschreibungen. „Wir haben vor kurzem eine Stelle für eine Vertriebsingenieurin oder einen Vertriebsingenieur ausgeschrieben, in der wir bewusst vom üblichen Stellenbild abgewichen sind und den grünen Gedanken in den Vordergrund gestellt haben. Wir wollten damit auch Emotionen wecken“, sagt HR-Managerin Tina Grummet.

„Wenn wir so weitermachen, bin ich überzeugt, dass wir viel erreichen“, sagt Rothaug. Die Veränderungen kosten aber Geld. Bislang kommt Kurtz Ersa allein für die inzwischen erheblichen Kosten auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit auf. Die Kosten könnten ein Grund dafür sein, dass viele Mittelständler dem Vorbild des Familienunternehmens noch nicht in derselben Geschwindigkeit folgen. Rothaug wünscht sich daher für eine gerechte Verteilung der Lasten einen Rahmen, der feststeckt, wer welchen Beitrag auf dem Weg zu mehr Umwelt- und Ressourcenschutz leisten muss – vom Produzenten bis zum Endverbraucher. Er ist aber optimistisch: „Ich glaube fest daran, dass sich die Welt in Sachen Nachhaltigkeit ändern wird, und ich glaube auch fest daran, dass es die Kunststoffbranche schaffen wird, diesen Weg mitzugestalten.“