Think big – großformatige Kunststoffgehäuse für Hochvoltbatterien von Elektrofahrzeugen

  • Forschungs-Kooperation zwischen Kautex Textron und LANXESS
  • Substitution von Stahl und Aluminium
  • Vorteile bei Gewicht, Funktionsintegration und Massenfertigung
  • Technologie-Demonstrator als Basis für Serienentwicklungen

Der Spezialchemie-Konzern LANXESS und die Kautex Textron GmbH & Co. KG, ein Unternehmen von Textron Inc., haben in einer mehrjährigen Kooperation erforscht, ob sich Hochvolt-Batteriegehäuse für Elektrofahrzeuge mit technischen Thermoplasten konstruieren und fertigen lassen. Gemeinsam haben die Partner nun in einer Machbarkeitsstudie einen seriennahen Technologie-Demonstrator entwickelt. Mit einer Länge und Breite von je rund 1.400 Millimetern handelt es sich um ein technisch anspruchsvolles, großformatiges Vollkunststoff-Gehäuseteil mit einem Gewicht im mittleren zweistelligen Kilogrammbereich.

Ziel des Projekts war, die Vorteile von thermoplastischen Kunststoffen gegenüber Metallen in puncto Gewichts- und Kostenreduktion, Funktionsintegration und elektrischem Isolationsverhalten darzustellen. „Wir haben dabei vollständig auf den Einsatz von metallischen Verstärkungsstrukturen verzichtet. Außerdem ging es darum, Wege zur wirtschaftlichen Fertigung der komplexen Großbauteile aufzuzeigen“, erklärt Felix Haas, Director Product Development bei Kautex Textron. „Im nächsten Schritt wollen beide Partner die Ergebnisse der Zusammenarbeit nutzen, um mit Automobilherstellern in Entwicklungsprojekte zur Serienproduktion einzusteigen“, ergänzt Dr. Christopher Höfs, Projektmanager e-Powertrain bei LANXESS.

Einstufiger Fertigungsprozess mit kurzen Zykluszeiten

Der Demonstrator wurde in Anlehnung an das Batteriegehäuse eines Mittelklasse-Elektrofahrzeugs entwickelt. Er besteht aus einer Gehäusewanne mit Crash-Struktur, einem Gehäusedeckel und einem Unterfahrschutz. Die Gehäusekomponenten können in einem einstufigen D-LFT-Formpressprozess (Direct Long Fibre Thermoplastic, Direktverfahren) nacharbeitsfrei hergestellt werden. LANXESS hat als Material für die D-LFT-Formmasse Durethan B24CMH2.0 optimiert. Kautex Textron compoundiert das Polyamid 6 für den Prozess mit Glasfaser-Rovings. Die lokale Verstärkung der Gehäusestruktur erfolgt über endlosfaserverstärkte thermoplastische Verbundwerkstoffe der Marke Tepex dynalite von LANXESS. „Der Prozess ermöglicht kürzere und damit wirtschaftlichere Zykluszeiten als die Verfahren, bei denen Stahl oder Aluminium verarbeitet werden“, erläutert Haas.

Kein aufwändiges Metallumformen, weniger Arbeitsschritte

Gehäuse für Hochvolt-Batterien werden zurzeit vor allem aus extrudierten Strangpressprofilen aus Stahl oder Aluminium gefertigt. Die Gehäuselänge und -breite kann je nach Fahrzeugklasse deutlich über 2.000 bzw. 1.500 Millimeter liegen. Ihre Größe, die Zahl der Komponenten und die zahlreichen Herstellungs- und Montageschritte machen die Metallgehäuse zu sehr kostenintensiven Bauteilen. So fallen zahlreiche sekundäre Arbeitsschritte – wie Schweißen, Stanzen und Nieten – an, wenn Strukturen aus Strangpressprofilen in komplexe Gehäusebauteile überführt werden. Außerdem müssen die metallischen Bauteile in einem zusätzlichen Prozessschritt durch eine kathodische Tauchlackierung gegen Korrosion geschützt werden.

„Kunststoffe können dagegen ihre Formgebungsfreiheiten voll ausspielen. Durch die Integration von Funktionen – wie etwa Befestigungselementen und Komponenten des Thermomanagements – lässt sich die Zahl der Einzelkomponenten eines Batteriegehäuses stark verringern. Dadurch vereinfachen sich die Montage und der logistische Aufwand, was die Fertigungskosten senkt“, so Höfs. Kunststoffe sind zudem korrosionsfest und elektrisch isolierend. Letzteres sorgt zum Beispiel dafür, dass das Risiko von Kurzschlüssen sinkt. Die niedrige Dichte von Kunststoffen und ihr Potenzial zum konstruktiven Leichtbau führen zu deutlich leichteren Gehäusen. Das kommt unter anderem der Reichweite der Elektrofahrzeuge zugute.

Komplexer Mix an hohen Anforderungen

Hochvolt-Batteriegehäuse haben eine Vielzahl an hohen technischen Anforderungen zu erfüllen. So müssen sie etwa besonders steif und fest sein und gleichzeitig eine hohe Energieabsorption bei einem Crash zeigen. Dies wird unter anderem in mechanischen Schock- und Crush-Tests geprüft. Weiterhin ist es erforderlich, dass sich die Gehäuse im Fall eines Fahrzeugbrands oder eines thermischen Durchgehens der elektrischen Zellen flammwidrig verhalten. Außerdem müssen sich die Gehäuse in die Fahrzeugstruktur integrieren lassen.

„Wir arbeiten weiterhin gemeinsam daran, die Fertigung und strukturelle Auslegung der Bauteile zu optimieren. Ziel ist, den Großteil der Entwicklungsarbeit virtuell zu leisten, um zum Beispiel beim Prototyp-Design Kosten zu sparen und die ‘Time-to-Market‘ künftiger Serienbauteile zu verkürzen“, so Höfs.

Nähere Infos zu Produkten und Technologien von LANXESS für den Bereich New Mobility und zu den Batterieentwicklungen von Kautex Textron finden sich unter https://new-mobility.lanxess.com bzw. www.kautex.com/de/automotive/batteriesysteme.