Das neue Forschungsprojekt „GEO-FaserMap“ am Kunststoff-Zentrum in Leipzig (KUZ) untersucht die Geometrieabhängigkeit
der Faserorientierung an Bindenähten bei verstärkten Formteilen.
Leichtigkeit und Stabilität – beide Eigenschaften in einem Produkt zu vereinen ist die Königsdisziplin im
Leichtbau. Sie erfordert sorgfältige Materialauswahl, optimierte Konstruktionen und fortschrittliche Fertigungstechnologien.
Um Kunststoffe für Leichtbauanwendungen zu optimieren, kommen unter anderem
kurze Glasfasern zum Einsatz. Kurzfaserverstärkte Kunststoffe zeichnen sich durch erhöhte Festigkeit,
Steifigkeit und Dimensionsstabilität aus. Diese vorteilhaften Eigenschaften spiegeln sich in der industriellen
Nutzung der Werkstoffe wieder: es gibt einen stetigen Zuwachs an strukturellen Bauteilen aus kurzfaserverstärkten
Kunststoffen.
Wie genau sind bisherige Simulationsmethoden?
Der Projektverantwortliche Steffen Jacob, Entwicklungsingenieur am KUZ, fasst die Motivation zu GEOFaserMap
wie folgt zusammen: „Bisher werden die bei der integrativen Simulation eingesetzten Materialkennwerte
fast ausschließlich aus Versuchen mit normierten Prüfkörpern gewonnen, mechanisch herausgelöst
aus spritzgegossenen Platten. Leider existieren keine Untersuchungen, die den Zusammenhang
zwischen der Geometrie eines Fließhindernisses, der sich lokal ausbildenden Faserorientierung
und der an dieser Stelle vorliegenden Bindenahtfestigkeit klären. Unterschiedliche Faserorientierungen
in Abhängigkeit der umflossenen Geometrie bedeuten unterschiedliche Festigkeiten.“
Um die Entwicklungskosten für spritzgegossene Bauteile möglichst gering zu halten, werden aussagekräftige
Vorhersagemethoden bezüglich der Bauteilfestigkeit benötigt. Kenntnisse zur geometrieabhängigen
Faserorientierung an Bindenähten können eine höhere Vorhersagequalität bezüglich vorhandener
Festigkeiten ergeben. Über integrative Simulationsmethoden ist es heutzutage möglich, Bindenahtpositionen
aus einer Füllsimulation in die Struktursimulation zu übertragen und dort die anisotropen
(richtungsabhängigen) Werkstoffbeanspruchungen abzubilden.
Schnellere und kostengünstigere Prototypen durch 3D-Prüfkörper
Im Projekt soll der Nachweis der Geometrieabhängigkeit mit der Untersuchung an eigens entwickelten
3D-Prüfkörpern mit provozierter Bindenaht erbracht werden. Hierzu werden an den Prüfkörpern die entsprechenden
Materialkennwerte für ein Materialmapping ermittelt, welches die Grundlage für ein präziseres
Belastungsmodell in der Struktursimulation bildet.
Know-how für Kunststoffe
MIT DER INDUSTRIE – für die Industrie
Ziel des Forschungsprojekts ist es, das Leichtbaupotenzial von kurzfaserverstärkten Kunststoffen optimal
im Bauteildesign auszunutzen. Die Ergebnisse sollen den EntwicklerInnen von spritzgegossenen Formteilen
helfen, diese beanspruchungsgerechter auszulegen. Die genauere Vorhersage der Bauteilfestigkeit
im Anwendungsfall soll eine nachhaltige Formteilauslegung für einen langen Produktlebenszyklus
ermöglichen. Die Anzahl der Iterationen bei der Formteilentwicklung bis zum fertigen Prototypen
könnte somit deutlich reduziert werden.
Interessierte Firmen sind eingeladen bei diesem Forschungsprojekt zu partizipieren.