„Der größte Vorteil ist die Herstellerunabhängigkeit“
Branchen-Interview mit Jürgen Peters, Abteilungsleiter Softwareentwicklung, ARBURG GmbH + Co KG und Jürgen Giesow, Vice President of Technology and After Sales Service, ARBURG Inc.
Was ist der größte Vorteil der OPC UA-Schnittstelle im Maschinenbau?
Jürgen Peters: Die OPC UA-Schnittstelle bietet eine ganze Reihe von Vorteilen. Der vielleicht Größte ist aber die Herstellerunabhängigkeit. Da OPC UA ein offener Standard ist, können im Maschinenbau verschiedene Komponenten und Systeme von verschiedenen Anbietern integriert werden, ohne auf proprietäre Protokolle oder Technologien beschränkt zu sein. Die Schnittstelle ermöglicht eine standardisierte, herstellerunabhängige, sichere und effiziente Kommunikation zwischen verschiedenen Komponenten und Systemen. Das führt zu höherer Flexibilität, Interoperabilität und Skalierbarkeit.
Jürgen Giesow: Für den Spritzgießbetrieb bietet sich im Augenblick erstmals die Möglichkeit, global eine einheitliche Schnittstelle einzusetzen. Die Vergleichbarkeit, die Fertigungsübertragungen und die Fertigungsduplizierung werden weitaus einfacher als bisher. Zudem wird alles zentral an eine Einheit zurückgemeldet, Daten und Prozessrückmeldungen können daher dokumentiert und ausgewertet werden. In der Vergangenheit wurde Integration lediglich mit digitalen Signalen wie „aktiv“ oder „inaktiv“ realisiert. Eine Rückmeldung und Auswertung von Prozessdaten war damit nicht möglich.
Diese Schnittstelle ist in Europa verbreiteter als in Nordamerika. Woran liegt das?
Peters: Europa hat im Vergleich zu Nordamerika eine längere Tradition im Bereich Maschinenbau und Kommunikation mit Zusatzgeräten. Mit Industrie 4.0 wurde bereits im Jahr 2011 der Baustein für eine standardisierte Kommunikation über OPC UA zwischen verschiedenen Komponenten gelegt. Viele Unternehmen haben sich daraufhin mit dem Thema beschäftigt und gemeinsam mit dem VDMA erste Normen definiert und umgesetzt.
Wie hoch ist die Nachfrage der US-Anwender nach Standardisierungslösungen?
Giesow: In den letzten Jahren ist die Nachfrage nach Standardisierungslösungen hier erheblich gestiegen. Es werden immer mehr Technologien in Peripherie-Geräte und Werkzeuge integriert, die mit der Spritzgießmaschine kommunizieren müssen. Die Komplexität der Anforderungen steigt also und es werden immer schnellere Kommunikationsgeschwindigkeiten gefordert. Daher ist eine volle Integration eigentlich unverzichtbar. Hinzu kommt, dass auch wir in den USA einen Mangel an Facharbeitern haben. Schon deshalb ist eine standardisierte Plug and Play-Lösung für unsere Kunden zunehmend attraktiv.
Gibt es Sicherheitsbedenken der Anwender? Schließlich teilt man Informationen.
Giesow: Sicherheitsbedenken gibt es eigentlich immer. Aber im Zusammenhang mit OPC UA lassen sie sich recht schnell beseitigen. Die Maschine kommuniziert über diese Schnittstellen mit Zusatzgeräten, die für den Prozess notwendig sind. Keines dieser Geräte muss mit einem der Hersteller oder über das Internet verbunden sein, um die Zellenkommunikation sicherzustellen. Die Daten sind nur innerhalb der Fertigungsfirma ersichtlich. Die Datensicherheit ist also gegeben. Was die Prozesssicherheit angeht, so muss man sagen, dass die Integration erheblich sicherer wird. Die Maschine bekommt ja jede Störung und Abweichung sofort gemeldet und kann schnell darauf reagieren.
Peters: OPC UA bietet fortschrittliche Sicherheitsfunktionen, einschließlich Verschlüsselung, Authentifizierung und Autorisierung. Diese Sicherheitsmaßnahmen tragen dazu bei, die Integrität der Datenkommunikation zu gewährleisten und den Schutz vor unbefugtem Zugriff zu verbessern.
Wie hoch ist der Implementierungsaufwand?
Peters: Das hängt sehr stark von der eingesetzten Steuerungstechnologie, der vorhandenen Infrastruktur sowie dem Fachwissen der Entwickler ab. Anfangs ist eine enge Zusammenarbeit der beiden Hersteller wichtig, deren Steuerungen kommunizieren sollen. Nachdem es umgesetzt ist, ist es einfach kopierbar. Weltweit bietet eine Vielzahl namhafter Steuerungshersteller bereits die Möglichkeit, über OPC UA zu kommunizieren.
Für Spritzgießmaschinen gibt es den Standard schon. Was können andere Maschinengruppen aus der Peripherie aus Ihren Erfahrungen lernen?
Peters: Eine der wichtigsten Erkenntnisse ist, dass man im ersten Schritt versuchen sollte, nicht sofort alle denkbaren Informationen zu spezifizieren. Besser ist es, mit einfachen Datenmodellen zu starten und diese im Laufe der Zeit zu ergänzen. Hier unterstützen die nationalen Verbände, wie der VDMA oder VDI, aber auch die OPC Foundation mit Hochdruck.
Für wie wahrscheinlich halten Sie es, dass OPC UA über kurz oder lang die Weltsprache der Produktion wird – vergleichbar der USB-Schnittstelle bei Computern?
Peters: OPC UA ist bereits Standard in Europa und nimmt allein durch seine vielen Vorteile auch in Amerika sowie in Asien immer mehr Fahrt auf. Beispiele hierfür sind die EUROMAP-Kommunikationsschnittstellen für Temperiergeräte, Heißkanalregler und LSR-Dosiergeräte. Aus unserer Sicht wird sich OPC UA im industriellen Umfeld weltweit kontinuierlich weiterverbreiten.
Giesow: Das sehe ich auch so. Die Welt wird immer kleiner. Daher muss es über kurz oder lang einen Standard geben, der global eingesetzt werden kann. Die bisherigen Schnittstellen bieten einfach nicht genug Möglichkeiten. Im Spritzgießsektor gibt es im Augenblick keine andere Kommunikationsplattform, die derart viel bietet. Der Drang nach immer mehr Integration ist eindeutig erkennbar. Wenn man all dies in Betracht zieht, führt an OPC UA als globaler Lösung eigentlich gar kein Weg vorbei.
Video Statement Jürgen Giesow: https://www.youtube.com/watch?v=g0_HopMhfLI