Arburg auf der Fakuma 2024
- Kosten runter, Effizienz rauf: Pilot- und Assistenzfunktion unterstützen den Bediener
- Wettbewerbsvorsprung Digitalisierung: Schnell und wirtschaftlich zum Qualitätsbauteil
- Vernetzt: „smarte“ Produktion für mehr Flexibilität und Transparenz in der Spritzgießfertigung
Vom kleinen Lohnspritzgießer bis zum großen Global Player stehen Kunststoffverarbeiter im aktuell wirtschaftlich schwierigen Umfeld vor ähnlich großen Herausforderungen: Sie müssen flexibel auf Marktveränderungen und steigenden Kostendruck reagieren, um wettbewerbsfähig und gewinnbringend fertigen zu können. Eine Digitalisierung der Spritzgießprozesse kann hierbei – richtig eingesetzt – deutliche Vorteile erzielen. Arburg beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit diesem Thema und steht seinen Kunden mit Rat und Tat zur Seite, um die jeweils „smarteste“ Lösung zu finden. Wie sich Kunststoffteile mittels digitaler Technologien maximal effizient, flexibel, transparent und in einwandfreier Qualität fertigen lassen, demonstriert Arburg in der arburgSOLUTIONworld und mit zahlreichen Exponaten live auf der Fakuma 2024.
Arburg verfügt über umfassendes Know-how sowie zahlreiche Produkte und Services, mit denen sich maßgeschneiderte digitale Lösungen realisieren lassen – von selbst entwickelter und gefertigter Steuerung und zugehörigen Assistenten über das eigene Leitrechner- und Scada-System bis zum Kundenportal.
Daten „intelligent“ handhaben
Die einzelnen Lösungsbausteine, je nach Anforderung und Umfeld richtig kombiniert, liefern die Antwort auf die wohl wichtigste Fragestellung der Arburg-Kunden im Zusammenhang mit Digitalisierung: Wie komme ich an die für mich relevanten Daten und wie kann ich damit genau meine Prozesse noch besser, effizienter und wettbewerbsfähiger gestalten? Dabei gilt: Nicht die schiere Menge der erfassten Daten, sondern deren Qualität und Relevanz bilden die Grundlage für erfolgreiche Optimierungen der Prozesse. Künstliche Intelligenz (KI) schafft ganz neue Perspektiven und Möglichkeiten, wenn es darum geht, große Datenmengen zu verarbeiten und daraus sinnvolle Schlüsse zu ziehen. Aus den relevanten Daten können z. B. Prognosen zu Wartungsbedarf (Predictive Maintenance) erstellt, Auswertungen und Dokumentation papierlos in Echtzeit generiert oder mit Hilfe KI-gestützter Apps Spritzgießwissen abgefragt werden. Auf diese Weise lassen sich in einer „smarten“ Produktion Abläufe dynamisch steuern und optimieren und damit verfügbare Ressourcen noch effizienter nutzen – etwa bei Auftragsplanung, Qualitätssicherung, Werkzeugverwaltung oder Instandhaltung.
Kommunikation in einheitlicher Sprache
In der Regel sind in den Spritzgießprozess auch Temperiergeräte, Robot-Systeme und weitere Peripherie eingebunden. Alle Komponenten sollten möglichst einfach und zuverlässig zusammenspielen – am besten von einer zentralen Steuerung aus und auf Basis synchronisierter Werte und Parameter. Voraussetzung dafür ist der Datenaustausch „in einer Sprache“. Die herstellerunabhängige Schnittstelle OPC UA ist hierfür die optimale Lösung. Auf der Fakuma 2024 kommuniziert z. B. bei der Fertigung von Mehrkomponenten-Spateln mit einem Allrounder More 2000 die LSR-Dosieranlage über Euromap 82.3 mit der Gestica-Steuerung. Die Kommunikation erfolgt über Standard-Ethernet und einheitliche Steckverbinder. Mittels „Plug&Play“ werden Geräte automatisch erkannt und in die Steuerung integriert. Für eine standardisierte Vernetzung sind alle Arburg- Spritzgießmaschinen serienmäßig mit einem IIoT-Gateway ausgestattet und verfügen über Basis Connectivity.
Idealerweise ist die „smarte“ Maschine umfassend vernetzt, überwacht ihre Prozesse, regelt sie adaptiv und unterstützt den Bediener aktiv dabei, Produktionsabläufe intuitiv einzustellen. Über „smarte“ Services kann dieser per Remote-Zugriff oder App bei Bedarf schnell und zielgerichtet Erläuterungen, Bild-für-Bild-Anleitungen und Fehleranalysen erhalten. Sollte es dennoch zu ungeplanten Stillstandzeiten kommen, lassen sich Ersatzteile per interaktiven Katalog zielgerichtet und rund um die Uhr online bestellen.
„Predictive Maintenance“ sorgt dafür, dass es gar nicht so weit kommt. Voraussetzung ist eine „smarte“ Kommunikation zwischen der Maschine bzw. Fertigungszelle und ihrem Herzstück, dem Spritzgießwerkzeug. Auf der Fakuma 2024 ist dazu ein Allrounder 720 E Golden Electric mit einem 24-fach-Werkzeug der Firma Hack und „Moldlife Sense“ ausgestattet. Dieses Computersystem ermöglicht z. B. ein sensorgesteuertes Werkzeug-Monitoring über den kompletten Lebenszyklus und erkennt frühzeitig Veränderungen des Werkzeugs. In der Maschinensteuerung lassen sich die Messwerte verschiedener Sensoren visualisieren und einzelne Events – wie Warnungen, Alarme und Fehlerhinweise – anzeigen und dokumentieren. So kann der Anwender Auffälligkeiten im Prozess schnell erkennen und einschätzen, was zu tun ist.
Stellschrauben für mehr Effizienz und Kostenreduktion
Um den Spritzgießalltag mittels digitaler Produkte und Services deutlich zu erleichtern, hat Arburg das Kundenportal arburgXworld mit seinen zahlreichen Apps entwickelt, die in der Basisversion sogar kostenlos sind. Hinzu kommen die eigenen Selogica- und Gestica-Steuerungen samt zugehöriger Assistenz- und Pilotfunktionen, zu denen man auf der Fakuma an einem Gestica-Demonstrator mehr erfährt. Die Steuerung ist der „intelligente“ Kopf der Maschine und kann den Bediener beim Rüsten, Einrichten und Betrieb umfassend und aktiv unterstützen – was sich in Zeiten von Fachkräftemangel und hohen Personalkosten schnell auszahlt. Mit Hilfe digitaler Features lässt sich an der Spritzgießmaschine deutlich Optimierungspotenzial hinsichtlich Produktions- und Kosteneffizienz erschließen:
- Die Premium-App „MachineFinder“ hilft, die passendste Maschine aus dem Bestand zu ermitteln und liefert gleich die zugehörigen Richtwerte für erste Kalkulationen.
- Um die Rüstzeiten kurz zu halten, unterstützt der „Einrichtassistent“ den Bediener Schritt für Schritt – vom menügeführten Werkzeugeinbau über die automatische Erstberechnung der Parameter bis zum Teachen des Ablaufs.
- Mit der App „Virtual Control“ erhält man Voransichten der Ablaufprogrammierung und kann Datensätze direkt am PC optimieren.
- Mit Hilfe einer KI-unterstützten Variantenanalyse wird die Spritzgießsimulation mit der Assistenzfunktion „FillAssist“ automatisiert und „lernt“, welche Auswirkungen die Änderungen von Maschinenparametern haben. Die in die Steuerung integrierte Füllsimulation ist darauf ausgelegt, beim Anfahren schnell zum Gutteil und in eine stabile Produktionsphase zu kommen.
- Gleichmäßiges und kontrolliertes Aufheizen oder Abschalten von Zylindermodul und Werkzeug übernimmt automatisch der „EnergyAssist“. Und reduziert damit deutlich den Energiebedarf und Kosten.
- Reduzierte Teilekosten durch optimierte Zykluszeiten ist der Kundennutzen des „CycleAssist“, durch den die Steuerung den programmierten Zyklusablauf kennt. Per Klick können unproduktive Zeiten eliminiert und die Zykluszeit optimiert werden. Das wird auf der Fakuma 2024 z. B. bei der Verpackungsanwendung mit einem elektrischen Allrounder 520 A gezeigt.
- Der „MeltAssist“ wiederum berechnet automatisch die Auslastung der Plastifizierung und die Verweilzeiten und trägt aktiv zur Materialeinsparung bei.
Teilequalität verbessern
Eine Herausforderung hinsichtlich der Teilequalität ist die Verarbeitung alternativer und anspruchsvoller Kunststoffe, insbesondere von Post-Industrial- (PIR) und Post-Consumer-Rezyklaten (PCR). Auch bei Chargenwechsel oder inhomogener Neuware können Pilotfunktionen in der Gestica-Steuerung stabile Prozesse sicherstellen:
- Der „aXw Control RecyclatePilot“ nutzt die vorhandene Maschinen-Sensorik, um schwankende Materialqualitäten zuverlässig auszugleichen und das Schussgewicht konstant zu halten. Das reduziert deutlich die Ausschussrate.
- Störungen des Füllverlaufs lassen sich mit dem „ScrewPilot“ kompensieren und so eine stabile Formfüllung sicherstellen, während
- der „PressurePilot“ für eine bionisch optimierte Druckregelung sorgt, um Unterfüllungen oder Gratbildung zu vermeiden. Beide Pilotfunktionen sind bei der Fertigung medizinischer Spritzenkolben mit einem hybriden Allrounder 570 H aktiv.
- Die exakte Nachdruckregelung mit Hilfe von Werkzeuginnendrucksensoren ermöglicht der „ReferencePilot“.
Die Daten aus dem Spritzgießprozess sowie qualitäts- und servicerelevante Daten können auch an übergeordnete Software-Tools und Plattformen bereitgestellt werden. Mit dem Scada-System Arburg Turnkey Control Module (ATCM) lassen sich Prozess- und Qualitätsdaten teilespezifisch zusammenführen und wichtige Anlagenfunktionen visualisieren. Dazu liefern die Spritzgießmaschine, Automation und Peripherie jeweils alle relevanten Daten an das ATCM. Auf diese Weise kann jedes einzelne Spritzteil zu 100 Prozent rückverfolgt werden. Auf der Fakuma 2024 ist dazu ein vertikaler Allrounder 375 V zu sehen, der Vakuumgehäuse fertigt. Die teilespezifischen Daten aus dem Spritzgießprozess sowie der Automation werden mit den Ergebnissen der optischen Überprüfung des Einlegeteils verknüpft. Die vollautomatisierte Anwendung ist zudem ein Praxisbeispiel für die Initiative R-Cycle: Mittels digitaler Produktpässe werden relevante Recycling-Daten während des Produktlebenszyklus in Echtzeit erfasst und die Grundlage für datenbasierte Materialströme geschaffen.
Planungseffizienz steigern und Transparenz schaffen
Voraussetzung für die informationstechnisch vernetzte Spritzgießproduktion ist die Anbindung der Maschinen an ein Manufacturing Execution System (MES). Das Arburg Leitrechnersystem ALS ist ein zentrales MES, mit dem sich die gesamte Fertigung digital planen, optimal auslasten und steuern sowie alle relevanten Informationen rückverfolgen lassen.
Bereits in der Planungsphase kann ein Assistent dank intelligentem Algorithmus auf Basis gesammelter Produktionsdaten und benutzerabhängiger Kriterien Vorschläge für eine „Best-Fit“-Maschine machen. Sämtliche Informationen zu Aufträgen, Produktionsfortschritt sowie Rüstzeiten und Wartungen sind zentral verfügbar. Die zugehörigen Datensätze können vollautomatisch auf die Spritzgießmaschine übertragen werden. Mit dem Trend zur papierlosen Fertigung steigt auch die Zahl der verknüpften Produktionsdokumente. Relevante Dokumente werden orts- und medienunabhängig passend zum jeweiligen Auftrag bereitgestellt.
Ein großer Vorteil ist, dass die Produktionsdaten in Echtzeit erfasst und analysiert werden können. Sogenannte KPIs (Key Performance Indicators), Kennzahlen und Produktionsreports helfen, auf Management-Ebene die richtigen Entscheidungen zu treffen und sich agil an verändernde Bedingungen anzupassen. Für eine kontinuierliche Qualitätssicherung ist eine statistische Prozessüberwachung (SPC) und ortsunabhängige Auswertung von Prozessparametern der Spritzgießmaschinen in Echtzeit möglich.
Insgesamt sorgt ALS so für mehr Flexibilität, Effizienz und Transparenz in der Fertigung. Durchschnittlich lässt sich mit ALS die OEE-Kennzahl (Overall Equipment Effectiveness) und die Gesamtanlageneffizienz um rund 26 Prozent mehr als deutlich steigern. Noch mehr Möglichkeiten ergeben sich aus der Verknüpfung mit dem Kundenportal arburgXworld. ALS und das Kundenportal gibt es auch in mobilen Versionen für Smartphones und Tablets. Neu und wegweisend ist z. B. die KI-gestützte App „Ask Arburg“, die einfach abrufbares, umfangreiches Spritzgießwissen von Arburg enthält und konkrete Fragen zu allen Arburg-Produkten und Prozessen rund um das Spritzgießen.
Zusammenfassung und Ausblick
In den digitalen Services und Produkten steckt das umfassende Know-how von Arburg. Sie sind leistungsstarke Werkzeuge, die maßgeblich zur Zukunftssicherung und Resilienz eines kunststoffverarbeitenden Unternehmens beitragen. Damit lassen sich Produktionsabläufe optimieren, Daten in Echtzeit erfassen, die Qualität von Spritzteilen verbessern und dokumentieren. Der Einstieg in die Digitalisierung lässt sich so sehr einfach und flexibel gestalten und amortisiert sich schnell. Vor allem komplexe Produktionsumgebungen und hochpräzise Bauteile erfordern eine exakte Steuerung der Prozesse. Hier kann das Leitrechnersystem in Zusammenspiel mit dem Kundenportal deutliche Vorteile hinsichtlich Transparenz, Prozesssicherheit sowie Energie- und Produktionseffizienz erzielen.
Als die Nummer 1 der Branche in Sachen digitaler Transformation beschäftigt sich Arburg zudem intensiv mit dem Themenfeld Künstliche Intelligenz. Mit dem Ziel, dass KI-basierte Systeme Korrelationen selbst erlernen und Prozesse aktiv nachsteuern, um die Ausbeute und Qualität von Spritzgießteilen in der Serienfertigung zu optimieren. Die Vision ist, dass mit Hilfe von KI jede Spritzgießmaschine in Zukunft nicht nur die Prozesse, sondern auch die Produkte kennt, die sie herstellt.