Interview auf dem Weg zur K 2025 mit Timo Horn, Leitung Operativer Service in der Extrusionstechnik bei der Hans Weber Maschinenfabrik GmbH
Herr Horn, inwieweit setzt Hans Weber schon auf künstliche Intelligenz?
Vor einiger Zeit haben wir ein digitales Kundenportal ins Leben gerufen, welches unseren Kunden unter anderem ermöglicht Bedienungsanleitungen einzusehen und Anfragen zu erstellen. In einem nächsten Schritt integrieren wir künstliche Intelligenz in dieses Portal, welches in Kürze für unsere Kunden bereitgestellt wird. Dies wird den Nutzern die Möglichkeit bieten ihre Fragen direkt an die KI zu richten, anstatt selbst nach Antworten suchen zu müssen. Beispielsweise könnten sie Informationen zur Wartung von Maschinen abfragen. Dieses Vorhaben verfolgt das Ziel die Benutzerfreundlichkeit erheblich zu verbessern. Unsere Kunden werden in der Lage sein auf das bereitgestellte Wissen zuzugreifen, um eigenständig Lösungen zu finden.
Wo ist die KI implementiert?
Wir haben uns für ein browserbasiertes Cloud System entschieden, dass von jedem Arbeitsplatz erreicht werden kann, da nicht alle Kunden bereit sind, Maschinen in ihr internes Netzwerk zu integrieren. Oft ist es den Bedienern zudem untersagt, während des Betriebs der Maschine auf andere Systeme über die HMI zuzugreifen. Daher operiert unser KI-gestütztes Kundenportal auf einem browserbasierten System, das von jedem Arbeitsplatz aus erreichbar ist. Wartungsverantwortliche, Bediener sowie Schichtleiter können sich von überall über das Webportal Zugang verschaffen und Informationen zu den Maschinen abrufen. Die von uns implementierte KI ist speziell auf die Anforderungen und Eigenschaften unserer Maschinen trainiert und optimiert worden.
Denken Sie auch schon über eine KI in der Maschine nach?
Derzeit existiert kein Extruder, der über die Fähigkeit verfügt, sich selbstständig zu steuern und bei Abweichungen eigenständig Anpassungen vorzunehmen. Dennoch bin ich überzeugt, dass wir in naher Zukunft in der Lage sein werden, Technologien im Bereich des „Machine Learning“ effektiv zu integrieren. Hierfür ist es allerdings erforderlich, dass wir Zugang zu einer Vielzahl umfangreicher Informationen und diverser Datenquellen gewinnen. Ich bin zuversichtlich, dass es bald eine Zeit geben wird, in der Maschinen in der Lage sind, beim Auftreten eines Fehlers adäquate Maßnahmen zu ergreifen und entsprechend zu reagieren.
In den letzten Jahren hat sich die Entwicklung von KI beschleunigt. Wie geht es weiter?
Es ist schwierig eine definitive Aussage zu treffen. Allerdings sind, insbesondere der jüngsten Entwicklungen, bedeutende Fortschritte innerhalb kürzester Zeit durchaus vorstellbar. Zu Beginn war es uns lediglich möglich unserer künstlichen Intelligenz einfache Fragen zu stellen. Nun, nur ein halbes Jahr später, ist sie in der Lage umfangreiche Dokumente zu durchsuchen und transkribierte Texte effektiv zu analysieren. Es ist anzunehmen, dass in einem weiteren halben Jahr auch ganz andere Fähigkeiten realisierbar sein werden.
Inwieweit kann KI den Fachkräftemangel lindern?
Der gegenwärtige Fachkräftemangel stellt für viele unserer Kunden eine erhebliche Herausforderung dar. Insbesondere kleinere Unternehmen, die weniger automatisierte Prozesse implementiert haben, sind davon oft stärker betroffen als größere Firmen. In diesem Kontext kann die Künstliche Intelligenz (KI) von großem Nutzen sein. Sie ermöglicht es, gezielte Fragen zu stellen, etwa hinsichtlich der Wartungsanforderungen, der optimalen Zeitpunkte für den Filterwechsel und vieler weiterer Aspekte. Selbstverständlich sind diese Informationen auch in den Bedienungsanleitungen enthalten. Allerdings erweist es sich als zeitsparender, die KI zu befragen, um die gewünschten Informationen zu erhalten. Angesichts des demografischen Wandels sehen wir uns alle mit dem grundlegenden Problem des Wissensverlustes konfrontiert, dessen Eindämmung innerhalb der Unternehmen nur begrenzt möglich ist. Ich bin überzeugt, dass viele Unternehmen bestrebt sein werden, ihre Prozesse verstärkt zu digitalisieren, zu automatisieren und zu optimieren, um dem Fachkräftemangel proaktiv entgegenzuwirken. Fachkräfte werden weiterhin erforderlich sein, jedoch wird es mit Hilfe der KI möglich sein auch Personen ohne umfassende Maschinenkenntnisse mit der Bedienung von komplexen Maschinen zu betrauen.
Was leistet Hans Weber in Sachen Nachhaltigkeit?
Ein herausragendes Merkmal unseres Unternehmens ist die sehr hohe Fertigungstiefe. Dies ermöglicht es uns, unsere Maschinen über Jahrzehnte hinweg mit hochwertigen Ersatzteilen zu versorgen. Darüber hinaus entwickeln wir unsere Steuerungssysteme intern, was uns befähigt, diese umfassend zu aktualisieren. Wenn ein Kunde im Besitz einer 20 Jahre alten Maschine ist und im Rahmen der Digitalisierung die Datenerhebung anstrebt, können wir Ihm ein maßgeschneidertes Nachrüstpaket für unser modernes Steuerungssystem WEBER OS5 anbieten. Dieses Paket kann sowohl vom Kunden selbst eingebaut werden als auch durch unsere qualifizierten Techniker. Dadurch bieten wir unseren Kunden die Möglichkeit technologisch auf ein neues Niveau zu gelangen. Neben der Modernisierung der Steuerungen, unterstützen wir auch die Nachrüstung innovativer und effizienter Antriebssysteme in der Drehstromtechnik. Dies gibt unseren Kunden die Möglichkeit selbst ältere Maschinen auf den neuesten Stand der Technik zu bringen und somit ihre Wettbewerbsfähigkeit nachhaltig zu steigern.
Wo steht der Maschinenbau in puncto Digitalisierung derzeit?
Die Digitalisierung nimmt im Maschinenbau eine zentrale Stellung ein. Zukünftig wird es unabdingbar sein, sich digital aufzustellen. Durch die Implementierung digitaler Lösungen werden sowohl Effizienzsteigerungen in der Produktion als auch im gesamten Prozessablauf erreicht. Dies ermöglicht eine präzise Beeinflussung der Produktionsabläufe. Anhand der erfassten Daten lässt sich nachvollziehen, wie lange Maschinen in Betrieb sind und ob diese störungsfrei laufen. Aus diesen Daten können fundierte Entscheidungen abgeleitet werden. Wenn z.B. ein Schichtleiter für mehrere Maschinen verantwortlich ist und bemerkt, dass Abläufe suboptimal verlaufen, muss er auf die Informationen der Bediener vertrauen. Verfügt er jedoch über zusätzliche Daten, kann er sofort erkennen, ob beispielsweise Druckschwankungen oder Profilabrisse auftreten oder andere Unregelmäßigkeiten bestehen. Dadurch ist er in der Lage, zuverlässigere Entscheidungen zur Optimierung der Prozesse zu treffen. Zudem eröffnet uns diese digitale Transformationsphase als Maschinenhersteller neue Perspektiven für die Entwicklung innovativer Geschäftsmodelle. Wir sind in der Lage, basierend auf den gewonnenen Daten neue Dienstleistungen für unsere Kunden anzubieten. Digitalisierung ist für die Maschinenbauer also kein optionaler Trend, sondern ein entscheidender Treiber für die Zukunftsfähigkeit, Innovation und Wettbewerbsfähigkeit unserer Branche.