Recycling- und Entsorgungsbranche: Schaden der Coronavirus-Krise ist enorm

Die Coronavirus-Krise hat der Recycling- und Entsorgungsbranche enorm geschadet. Nicht wenige Unternehmen kämpfen um ihre Existenz, berichtet Eric Rehbock, Hauptgeschäftsführer des bvse-Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung.

Ein massiver Nachfrage- und Angebotsschock beeinflusst die Sekundärrohstoff-Märkte. Die Schrottwirtschaft kämpft mit hohen Fixkosten, die bei vielen Unternehmen über die aktuellen Umsätze nicht gedeckt sind. Den Kunststoffrecyclern brechen die Märkte weg. Die Anfallstellen kämpfen mit niedrigen Preisen. Der gesamte Altkunststoffbereich steht unter Druck. Dem Abwärtssog entziehen kann sich bislang dagegen die Altpapierbranche. Die in den vergangenen Monaten aufgebauten Altpapier-Lagerbestände sind nahezu abgebaut und die Nachfrage der Papierindustrie nach Altpapier, insbesondere für den Verpackungsbereich, ist weiterhin sehr hoch. Zeitgleich sind die Sammelmengen allerdings stark eingebrochen, was insbesondere dem Gewerbebereich geschuldet ist.

Die beschlossenen Hilfen der Bundesregierung sieht der Verband mit seinen mehr als 950 Mitgliedsunternehmen daher sehr positiv. Gerade auch die Kurzarbeiterregelung und die vorgesehene Stundung von fälligen Steuerzahlungen für von der Viruskrise betroffene Unternehmen werden vielfach in Anspruch genommen und helfen, die dringend notwendige Liquidität zu sichern, wie eine Mitgliederumfrage des bvse ergab.

„Es haben praktisch keine bvse-Mitgliedsunternehmen ihre Arbeit eingestellt. Die private Entsorgungswirtschaft hat den Bürgerinnen und Bürgern, aber auch Handel, Handwerk und Industrie alle Entsorgungswege offen gehalten, auch und gerade dort, wo die kommunalen Einrichtungen geschlossen oder eingeschränkt wurden“, betont Eric Rehbock, der aber auch darauf hinweist, dass teilweise in erheblichem Maße Entsorgungsaufträge, insbesondere aus dem Produktionsbereich, weggebrochen seien. Gleichzeitig sei es zu erheblichen Marktverwerfungen auf den Sekundärrohstoff-Märkten, insbesondere im Altkleiderbereich, im Schrott und E-Schrott sowie beim Kunststoffrecycling gekommen.

„In der Umfrage, die wir im April unter unseren Mitgliedsunternehmen durchgeführt haben, gaben 35 Prozent der Unternehmen an, dass sie schon Kurzarbeitergeld beantragen mussten. 30 Prozent bezeichneten es als sehr wahrscheinlich, dass sie Kurzarbeitergeld beantragen werden. Das zeigt, dass die Kurzarbeit für Arbeitnehmer und Unternehmer das wichtigste Instrument war und ist, um diese schwere Wirtschaftskrise zu überstehen“, betont Rehbock.

Die bvse-Unternehmen scheinen bisher einen Großteil der angebotenen Kreditfinanzierungen allerdings nicht wahrnehmen zu wollen. Bislang haben 10 Prozent der befragten Unternehmen angegeben, entsprechende Hilfen in Anspruch genommen zu haben.

Je länger die krisenbedingten Auswirkungen jedoch andauern, desto wahrscheinlicher ist, dass auch weitere Unternehmen Kreditmittel benötigen werden. Immerhin 25 Prozent sehen es als wahrscheinlich an, dass sie das KfW-Sonderprogramm in Anspruch nehmen werden, für 10 Prozent ist der KfW-Unternehmerkredit interessant und für 11,7 Prozent kommt auch die Beantragung einer Bürgschaft in Frage.

Der bvse hat seinen Mitgliedsunternehmen jedoch geraten, die Kreditkonditionen genau zu prüfen. Manche dieser Kredite könnten sich als „Förderfalle“ entpuppen, betont der Verband und verweist auf die vergleichsweise hohe Verzinsung von bis zu drei Prozent über eine Laufzeit von 10 Jahren.

„Der bvse fordert die Bundesregierung daher auf, dem Beispiel der Europäischen Kommission zu folgen, die ausdrücklich zulässt, dass die Mitgliedstaaten zinslose Darlehen vergeben können“, so bvse-Hauptgeschäftsführer Eric Rehbock.

Je länger der Lockdown und die nachfolgenden Auswirkungen andauern, desto gravierender werden sich die wirtschaftlichen Folgen für die mittelständischen Recycling- und Entsorgungsunternehmen niederschlagen.

2/3 der Unternehmen müssen deutliche Auftragsrückgänge verkraften. Auch die Sammelmengen sind über alle Materialfraktionen stark rückläufig. Beispielsweise im Altpapierbereich haben der Mitgliederumfrage entsprechend 70 Prozent der Unternehmen einen Mengenrückgang gemeldet, wovon immerhin 27 Prozent dieser Unternehmen einen Mengenrückgang zwischen 40 und 50 Prozent verkraften müssen. Ganz andere Probleme hat der Alttextilbereich. Hier steigen zwar die Erfassungsmengen, doch die Absatzmärkte sind vollkommen zusammengebrochen.

Das alles spiegelt sich in den Antworten auf die Frage nach der wirtschaftlichen Erwartung für das laufende Jahr wider. Fast ein Drittel der Unternehmen schätzen die wirtschaftliche Lage für 2020 nur mangelhaft (24,5 Prozent) oder ungenügend (5,8 Prozent) ein. Befriedigend beziehungsweise ausreichend ist die wirtschaftliche Situation für jeweils für 27,5 Prozent und nur 11,6 Prozent vergeben ein „gut“. Rehbock: „Diese Werte dokumentieren, dass die Branche auf einen absoluten Tiefpunkt zusteuert.“

Der bvse fordert deshalb einen konkreten Maßnahmenplan, damit die deutsche und die europäische Volkswirtschaft wieder schnell und kräftig auf die Beine kommen.

„Das Thema Steuersenkung auf die politische Agenda gesetzt werden. Gleichzeitig müssen gezielte, investive Konjunkturpakete geschnürt werden, um die Wirtschaft wieder flott und zukunftsfähig zu machen. Durch massive Investitionen in die Infrastruktur bei gleichzeitiger Berücksichtigung von Recyclaten, Sekundärbaustoffen und Recyclingprodukten in den Ausschreibungen könnte in der Nach-Corona-Phase ein wichtiger Impuls gegeben werden, um das Recycling und die Kreislaufwirtschaft in der Restart-Phase zu unterstützen, damit wir uns aus dem gegenwärtigen tiefen konjunkturellen Tal wieder schnell herausarbeiten können“, fordert bvse-Hauptgeschäftsführer Eric Rehbock abschließend.