Politik muss zu marktwirtschaftlichen Prinzipien zurückkehren

Der Maschinen- und Anlagenbau muss, wie die gesamte Industrie, noch lange mit den Folgen der Corona-Pandemie leben. Umso wichtiger ist es nun, dass den mittelständischen Betrieben nicht noch mehr Lasten aufgebürdet werden.

Der Maschinen- und Anlagenbau appelliert an die Politik, den Standort Deutschland wieder mit marktwirtschaftlich basierter Ordnungspolitik zu stärken und dafür die gesetzlichen Weichenstellungen vorzunehmen. „Die Herausforderungen unserer Zeit sind vielfältig und enorm groß: Es geht um Klima- und Ressourcenschutz, demografischen Wandel, die Zukunft der Mobilität sowie die vielen Facetten der Digitalisierung“, erklärte der scheidende VDMA-Präsident Carl Martin Welcker in einem Pressegespräch. Mit Blick auf die neuen Klimaziele der EU-Kommission ergänzte er: „Es geht auch um Industriearbeitsplätze und die Bewahrung einer dort verankerten Mittelschicht, die Stärkung der demokratischen Mitte und Teilhabe am Wohlstand für kommende Generationen.“ Hinzu kommen die immensen und noch immer schwer abschätzbaren Folgen der Corona-Pandemie. „Damit wir zu all diesen Herausforderungen als Gesellschaft insgesamt erfolgreich sein können, braucht es Gestaltungswillen von allen Akteuren und eine rasche Rückkehr der Politik zu marktwirtschaftlichen Prinzipien“, betonte der VDMA-Präsident.

Sorge über immer mehr Bürokratie
Besorgt blicken die Maschinen- und Anlagenbauer aus Deutschland auf die stetige Zunahme an bürokratischen Belastungen, die den unternehmerischen Alltag erschweren und die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen verringern. Als Beispiele nannte der VDMA-Präsident die Datenschutzgrundverordnung, die Entsenderichtlinie und das verschärfte Außenwirtschaftsgesetz. Die Liste könnte demnächst ergänzt werden durch das Lieferkettengesetz und ein Recht auf Home Office oder ein Unternehmens-strafrecht. „Bei allem Verständnis für das Profilierungsbedürfnis von Parteien oder einzelnen Politkern: Gut gemeint ist eben noch längst nicht gut gemacht – und was hier an Gesetzesüberlegungen vorliegt, schreit nach Überarbeitung“, sagte Welcker.

Warnung vor zunehmendem Staatsdirigismus
Der Umgang mit der Corona-Pandemie ist nach Ansicht des VDMA-Präsidenten jetzt an einer entscheidenden Weichenstellung angelangt. „Insgesamt hat das Corona-Krisenmanagement der Bundesregierung in den ersten Monaten gut funktioniert, dafür gibt es Lob. Doch unter dem Deckmantel einer nationalen Industriepolitik darf es nun nicht zu dirigistischen Maßnahmen kommen, die der Idee einer offenen Volkswirtschaft entgegenstehen. Der Staat ist nicht der bessere Unternehmer und hat auch nicht die Aufgabe, jedes Unternehmen zu retten“, betonte Welcker. „Marktwirtschaft bedeutet unternehmerische Freiheit und Verantwortung – das schließt die Freiheit und Verantwortung des Scheiterns mit ein.“

Der in der EU lauter werdende Ruf nach wirtschaftlicher Autonomie ist kontraproduktiv; Jobs und Wohlstand entstehen durch offene Märkte und nicht durch Abschottung, sagte Welcker weiter. Vor dem Hintergrund von zunehmendem Protektionismus weltweit fordert der Verband von der Politik in Berlin und Brüssel, sich verstärkt für multilaterale Lösungen einzusetzen.

Wirtschaftliche Lage im Maschinen- und Anlagenbau
Mit Blick auf die wirtschaftliche Lage im Maschinenbau sagte der VDMA-Präsident: „Internationale Handelskonflikte haben es dem stark exportorientierten Maschinenbau in Deutschland bereits seit einiger Zeit schwer gemacht. Nun kommt die Corona-Pandemie noch obendrauf. All das wird unsere Industrie nicht aus der Kurve werfen, doch wir merken die Fliehkräfte deutlich. Jetzt heißt es gegensteuern, mit allen Kräften.“

Für das Jahr 2020 bestätigt der VDMA seine Produktionsprognose von real minus 17 Prozent und für 2021 ein Plus von 2 Prozent. Der aktuelle Auftragseingang lag bei minus 14 Prozent im August 2020. Insgesamt ist die konjunkturelle Lage im Maschinen- und Anlagenbau in Deutschland in vielen Teilbranchen angespannt. Laut VDMA-Umfrage erwarten zwei Drittel der Maschinenbaubetriebe, dass die Rückkehr zum Umsatzniveau von 2019 spät im Lauf des kommenden Jahres oder erst im Jahr 2022 erfolgen wird. All dies geht an der Beschäftigung nicht spurlos vorbei: laut Umfrage planen etwa drei Viertel der Unternehmen einen Stellenabbau im Umfang von 5 bis 15 Prozent der Gesamtbelegschaft. Insgesamt beschäftigte Maschinenbau in Deutschland im Juli 1,027 Millionen Menschen.