Die von der Bundesregierung am 13. Dezember 2023 angekündigte Umlage der
sogenannten EU-Plastikabgabe auf die „Verursacher“ ist ein herber Rückschlag für alle
Unternehmen, die sich als Kunststoffhersteller, Verpackungshersteller, Händler,
Inverkehrbringer und Kunststoff-Recycler erfolgreich auf den Weg in eine Kreislaufwirtschaft
für Kunststoffverpackungen gemacht haben. Inmitten diese Transformation platzt der
populistische Vorschlag einer Plastiksteuer – zum Schaden von Kreislaufwirtschaft,
Klimaschutz und Industriearbeitsplätzen. Bereits deren Ankündigung hat bei unseren
Unternehmen zu einer erheblichen Verunsicherung geführt und es zeichnen sich teilweise
katastrophale Auswirkungen ab. Wir fordern daher die Bundesregierung auf, diesen
untauglichen Vorschlag unverzüglich zurückzuziehen, um weiteren Schaden für die
Kreislaufwirtschaft von Verpackungen und die deutschen Unternehmen abzuwenden.
Die Unternehmen der Wertschöpfungskette Kunststoffverpackungen in Deutschland haben
den Weckruf bereits vor Jahren gehört und vor allem das Lebensende ihrer Produkte in den
Fokus gerückt. Mit Erfolg: Die Recyclingquote von Kunststoffverpackungen wurde von 42
Prozent im Jahr 2018 auf über 67 Prozent im Jahr 2022 gesteigert. Die Recycling- und
Mehrwegfähigkeit von Haushaltsverpackungen aus Kunststoff liegt bereits bei 81 Prozent.
Für den Rezyklateinsatz in Kunststoffverpackungen gelten ab 2030 aller Voraussicht nach
sehr ehrgeizige und verbindliche EU-Quoten.
Das ehrgeizige Ziel einer Kreislaufwirtschaft für Verpackungen, das sich die EU und
Deutschland gesetzt haben, erfordert bis 2030 und darüber hinaus Milliardeninvestitionen in
neue Verpackungsmaterialien, die verbesserte Recyclingfähigkeit von Verpackungen, eine
bessere Verarbeitung von recycelten Kunststoffen und den Aufbau von hochwertigen
Recyclinganlagen. In Deutschland leisten die Inverkehrbringer von Verpackungen bereits
heute im Rahmen der erweiterten Herstellerverantwortung einen wesentlichen finanziellen
Beitrag zur Sammlung und Verwertung der Haushaltsverpackungsabfälle. Hinzu kommen
äußerst effektive Pfandsysteme für Einweg- und Mehrweg-Getränkeflaschen, die weltweit
Vorbildcharakter haben .
Die notwendigen Investitionen in die Kreislaufwirtschaft werden jedoch zunehmend durch
staatliche Abgaben, wie beispielsweise die Einweg-Kunststoff-Sonderabgabe oder
kommunale Verpackungssteuern ausgebremst. Die jüngste Ankündigung einer Plastiksteuer
stellt eine weitere schwerwiegende Beeinträchtigung dar: Investitionsentscheidungen wurden
gestoppt und stattdessen die Planungen für eine Verlagerung der Produktion ins Ausland
beschleunigt. Denn für die zumeist mittelständisch geprägten Unternehmen gibt es nach
Energiekostenexplosion und inmitten einer Wirtschaftskrise keine Möglichkeit, weitere
Kosten durch Einsparungen zu kompensieren. Die Produktion in Deutschland rechnet sich
für viele Unternehmen nicht mehr. Mit der Verlagerung der Produktion würden aber auch die
Investitionen in die Kreislaufwirtschaft in anderen Ländern stattfinden. Deutschland würde
bei der Kreislaufwirtschaft abgehängt.
Wir halten es für irreführend, dass die Bundesregierung den Eindruck erweckt, als müsste
die sogenannte EU-Plastikabgabe auf die Unternehmen umgelegt werden. Denn bei der
EU-Plastikabgabe handelt es sich eben nicht um eine Steuer oder Abgabe, sondern lediglich
um eine Berechnungsmethode für den EU-Mitgliedsbeitrag. Solche Mitgliedsbeiträge werden
von sämtlichen EU-Mitgliedstaaten aus dem nationalen Haushalt beglichen. Eine „Umlage“
dieses EU-Beitrags ist weder erforderlich noch sinnvoll. Insbesondere sehen wir keinen
Grund, warum Unternehmen der Wertschöpfungskette Kunststoffverpackungen für die
Folgen des Brexit im EU-Haushalt und der verfassungswidrigen Haushaltsführung der
Bundesregierung haften sollen.
Im Gegensatz zu einer Plastiksteuer hätte eine materialneutrale Abgabe basierend auf
ökologischen Kriterien eine wesentlich bessere Lenkungswirkung. Zu diesem Schluss kommt
auch eine aktuelle Studie im Auftrag des Umweltbundesamts: Sie bewertet die
Wahrscheinlichkeit einer ökologischen Fehllenkung durch eine Verringerung des
Kunststoffeinsatzes infolge einer Plastiksteuer als hoch (Seite 25). Ökologisch zielgerichteter
wären demgegenüber eine materialneutrale Lenkung zur Reduzierung des Materialeinsatzes
in Verpackungen, zur Verringerung der CO2-Emissionen oder zur Steigerung der
Recyclingfähigkeit. Wir fordern daher anstelle einer Plastiksteuer die schnelle Umsetzung
des im Koalitionsvertrag vereinbarten Fondsmodells für stärkere finanzielle Anreize für
hochgradig recyclingfähige Verpackungen. Einen entsprechenden konkreten Vorschlag hatte
Branchenverbänden bereits Anfang 2023 vorgelegt.
Eine Plastiksteuer birgt schließlich auch großen sozialen Sprengstoff, denn während bei
einer Finanzierung der EU-Plastikabgabe über den Bundeshaushalt – also aus Steuermitteln
wie bisher – anteilig vor allem die oberen Einkommensschichten der Bevölkerung in
Anspruch genommen werden, wäre es bei einer Plastiksteuer genau umgekehrt: Weil eine
Plastiksteuer von den Unternehmen auf die Produktpreise aufgeschlagen wird, trifft sie
anteilig vor allem die unteren Einkommensschichten, weil diese im Vergleich einen weitaus
höheren Anteil ihres Einkommens für Konsumprodukte ausgeben. Mehrbelastungen der
Verbraucher in Höhe von 1,4 Milliarden Euro pro Jahr wären die Folge. Gerade die Preise für
verpackte Lebensmittel würden durch die Steuer abermals unter Druck geraten, denn
Verpackungen aus Kunststoff sind hier oftmals unverzichtbar.
Peter Feller, Stellvertretender Hauptgeschäftsführer Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie e.V.
Dr. Oliver Möllenstädt, Hauptgeschäftsführer Gesamtverband Kunststoffverarbeitende Industrie e.V.
Dr. Martin Engelmann, Hauptgeschäftsführer IK Industrievereinigung Kunststoffverpackungen e.V.
Ingemar Bühler, Hauptgeschäftsführer PlasticsEurope Deutschland e.V.
Thorsten Kühmann, VDMA Kunststoff- und Gummimaschinen