Interview auf dem Weg zur K 2025 mit Michael Lackner, Geschäftsführer bei Lindner
Herr Lackner, welche Entwicklungen gibt es im Kunststoffrecycling?
Mit Blick auf den Markt sehen wir in den letzten Jahren einen Trend zur Konsolidierung bei unseren Kunden. Kleine Recycler werden übernommen und in eine größere Unternehmensgruppe integriert. Das hatte und hat nach wie vor gravierende Auswirkungen auf unsere Angebotsgestaltung und auf unsere Produkt – und Systempolitik. Größere Gruppen kaufen weniger Einzelaggregate, sie tendieren in Richtung Systeme und fragen immer stärker Gesamtlösungen nach. Die Systemgrenzen werden dabei immer weiter gesetzt. Das heißt, dass die Sortierprozesse, die Waschprozesse und die Extrusionsprozesse stärker miteinander verflochten werden müssen. Es geht darum, den Prozess vom Input- bis hin zum fertigen Regranulat mit einem garantierten Durchsatz und einer garantierten Qualität abdecken zu können. Angesichts der hohen Energiekosten sind überdies Prozessoptimierungen und Verbesserungen bei der Energieeffizienz extrem wichtig geworden.
Welche Rolle spielen Kooperationen dabei?
Wir bei Lindner können die vorderen Teile der Prozesskette des Recyclings sehr gut abbilden. Also die ganzen Zerkleinerungs- und Sortierprozesse und natürlich das Waschen. Darauf haben wir uns spezialisiert. Da die Kunden aber immer mehr Gesamtlösungen wollen, haben wir uns nach einem Kooperationspartner in der Extrusion umgesehen und in EREMA den richtigen gefunden. Wir können zusammen vom ersten bis zum letzten Schritt alles abdecken und eine gleichbleibende Qualität unter optimierten Prozessbedingungen anbieten. Wir haben dazu eine gemeinsame Firma gegründet: BlueOne Solutions. Lindner und EREMA sind daran jeweils zu 50 Prozent beteiligt.
Wie wichtig sind Standards im Recycling?
Standards werden immer wichtiger. Es gibt natürlich gesetzliche Regelungen und Normen. Aber darüber hinaus gibt es eine Reihe von Initiativen von verschiedenen Kunden. Nehmen wir als Beispiel das Fachgebiet der Cosmetic Packaging Toxicology, kurz CosPa Tox, die Standards für qualitativ hochwertige Post-Consumer-Rezyklate legen, so dass diese wieder im Kosmetikbereich eingesetzt werden. Solange Post-Consumer-Rezyklate nur für minderwertige, einfache Anwendungen umsetzbar waren, hatten Standards keine so entscheidende Bedeutung. Wir bewegen uns jetzt mit unserer Technologie aber in wesentlich höherwertigere Anwendungen. Heute verfolgt man das Ziel des Equal- oder Up-Recyclings und hat den Anspruch, Rezyklate auch in der Lebens- und Kosmetikindustrie einzusetzen. Dazu braucht es Qualitätsnormen – Normen, die oft deutlich strenger sind als die gesetzlichen Vorschriften. Viele Markenartikelhersteller wie Unilever oder Procter & Gamble haben eigene Qualitätsanforderungen definiert, auch um den sicheren Einsatz von Post-Consumer-Rezyklaten zu gewährleisten. Kurzum: Es ist wichtig, dass man Standards weiter vorantreibt, um Rezyklate in gleichwertigen oder höherwertigen Anwendungen einzusetzen, so dass die geforderten Qualitäten möglich und garantiert sind.
Am Ende des Tages sind Rezyklate dann mit Datenblättern ausgestattet wie Neuware und man kann exakt das Produkt bestellen, das man haben will?
Genau, darauf muss es hinauslaufen. Andernfalls werden wir den hochwertigen Rezyklateinsatz nicht zustande bringen. Es muss diese Garantie geben. Und dazu muss man die gesamte Prozesskette im Griff haben. Ansonst wird man sich immer die Frage stellen, wer verantwortlich ist, wenn es am Ende nicht funktioniert. Auch für unsere Kunden in der Recyclingindustrie bringt die Garantie die Sicherheit, dass sie ihre Gesamtanlagen auch für diese anspruchsvollen Geschäftsfelder einsetzen können.
Welchen Stellenwert hat das chemische Recycling für Lindner?
Es gibt schon seit einigen Jahren sehr viele Initiativen in Richtung chemisches Recycling. Es sind häufig ganz neue Player, etwa die petrochemische Industrie, die über diese Schiene in den Recyclingmarkt hereinkommen. Anfangs dachte man, man könne einfach alles in den chemischen Recyclingprozess geben und am Ende komme ein perfektes Produkt heraus. Inzwischen ist klar geworden, dass auch für das chemische Recycling eine Aufbereitung der Abfälle notwendig ist. Für Lindner bedeutet das, dass unsere Vorsortierungsprozesse gut geeignet sind, das Material für das chemische Recycling vorzubereiten.
Chemisches Recycling wird das mechanische Recycling sinnvoll ergänzen. Viele Materialströme, die man aus dem Abfall herausholt, können sehr gut kosten- und energieeffizient mechanisch recycelt werden. Es gibt aber Materialströme, die können wir im Mechanischen noch nicht oder noch nicht so gut recyceln. Dafür sind die chemischen Recyclingprozesse die richtige Technologie. Ich glaube aber auch, dass wir im mechanischen Recycling von den Qualitäten her noch lange nicht am Ende angelangt sind. Eines unserer Innovationsprojekte beschäftigt sich mit neuen Reinigungsprozessen und dem Ziel, das Qualitätslevel auf ein neues Niveau zu heben.
Welche Neuerungen plant Lindner auf der K zu zeigen?
Auf der K werden wir die Ergebnisse unserer Prozessoptimierung als Konsequenz unserer Kooperation mit EREMA zeigen. Hier werden wir konkrete Kundennutzen präsentieren. Im Zerkleinerungsbereich werden wir Neuerungen in puncto Energieeffizienz, Wartungsfreundlichkeit und Materialflexibilität zeigen.