Way2K 2025: “Wir hatten noch nie so effiziente Anlagen wie heute“

Interview auf dem Weg zur K 2025 mit Marcel Perrevort, Chief Sales Officer bei Reifenhäuser

Herr Perrevort, das Motto der nächsten K “The Power of Plastics” zeugt von Selbstbewusstsein. Zu recht?
Auf jeden Fall. Wir sehen, dass sich das Image von Kunststoff deutlich verändert hat. Kunststoff wird heute nicht mehr als Problem gesehen, sondern als ein Wertstoff, der maßgeblich zur Lösung vieler Probleme auf der Welt beitragen kann. Natürlich immer nur, wenn er richtig eingesetzt wird. Die Diskussion über Kunststoff ist deutlich sachlicher und realistischer geworden, sowohl bei unseren Kunden als auch bei unseren Mitarbeitern. Die meisten Betriebe unserer Branche wollen heute zu einem verantwortungsvollen Umgang mit Kunststoff beitragen. Gleichzeitig muss die Wirtschaftlichkeit gegeben sein. Auf der K werden wir zeigen, dass beides möglich ist.

Im zweiten Teil des Mottos wird der Anspruch “Green – Smart – Responsible” formuliert. Wo liegt hier der Fokus bei Reifenhäuser?
Wir sind schon länger auf allen drei Feldern unterwegs. Wir forcieren das Downgauging, also die Herstellung immer dünnerer Folien mit gleichen oder sogar besseren Eigenschaften. Damit sparen wir erheblich CO2 ein – bei einem Material, dass im Vergleich zu anderen Verpackungsmaterialien ohnehin oft die bessere CO2-Bilanz aufweist. Das Thema „smart“, also die Digitalisierung und Automatisierung pusht die CO2 Bilanz zusätzlich: Wir hatten noch nie so effiziente Anlagen wie heute, die mit minimalem Rohstoffverbrauch, optimiertem Energieeinsatz und minimiertem Ausschuss leistungsfähige Produkte herstellen. Da ist schon sehr viel passiert und die Entwicklung geht weiter. Smarte Anlagen sind aber vor allem eine Antwort auf den Fachkräftemangel. Assistenzsysteme und Automatisierungsfeatures helfen Folienherstellern dabei, ihre Produktivität und Qualität zu sichern – auch wenn gerade kein perfekt ausgebildetes Personal zur Verfügung steht. Und natürlich macht Automatisierung die Anlagen auch sicherer, womit wir beim Thema „Responsible“ wären. Dies schließt für uns die Verantwortung gegenüber der Umwelt, gegenüber unseren eigenen Mitarbeitern und gegenüber den Mitarbeitern unserer Kunden ein. Die Themen Green – Smart – Responsible sind enorm vielfältig und für uns eng miteinander verbunden.

Welche konkreten Projekte verfolgen Sie hier?
Da gibt es viele. Beim Thema Smart haben wir spezielle Einheiten für Digitalisierung und Education ins Leben gerufen: die RE: GmbH, R-Cycle oder unsere AR:DEL Akademie. Wir haben dort viel investiert und marktreife Lösungen geschaffen, die nicht nur für Reifenhäuser-Maschinen, sondern sogar darüber hinaus unseren Kunden Mehrwerte bieten. Es können beispielsweise alle Maschinen entlang der Wertschöpfungskette vernetzt werden – neben einer Extrusionsmaschine etwa eine Druckmaschine, eine Recyclinganlage und mehr. Ziel ist es, mithilfe von Digitalisierung effizienter und nachhaltiger zu produzieren. Gerade in diesem Bereich besteht in der Kunststoffbranche noch erhebliches Potenzial.

Inwieweit bremst die schwache Konjunktur in weiten Teilen der Welt die Entwicklung Ihrer Branche?
Die Bremsklötze gibt es überall. Einer davon sind die Überkapazitäten, die vor allem in den Jahren der Pandemie aufgebaut wurden. Im Hygiene-Bereich sind sie am größten, aber auch anderswo sind sie spürbar. Es wird zwar noch in Maschinen und Anlagen investiert, allerdings mit deutlich angezogener Handbremse. Viele Unternehmen sorgen sich auch um die Geopolitik und die drohenden Handelshemmnisse. Die Unsicherheiten sind groß. Dennoch sehen wir erste Signale für eine langsame Erholung der Märkte. In der Zwischenzeit investieren wir weiter in die Zukunftsthemen und die damit verbundenen Mehrwerte für unsere Kunden.

Was kann man in dieser Situation der verbreiteten Investitionszurückhaltung tun?
Wir unterstützen Kunden dabei, mit dem bestehenden Equipment effizienter zu werden. Hersteller investieren aktuell seltener in die große neue Anlage, die 1000 kg pro Stunde zusätzliche Kapazität bringt, aber sie sind durchaus an einer verbesserten Endqualität des Produktes oder der effizienteren Produktion interessiert. Wir zeigen deshalb auf, was mit Retrofits oder speziellen Lösungen im Bereich Digitalisierung machbar ist. Die Lösungen bringen einen schnellen Return-on-Invest und kommen deshalb gut an. Die Margen bei den Kunden sind stark unter Druck.

Geht dieser Druck zulasten der Nachhaltigkeit?
Das würde ich nicht sagen. Erstens ist das Bewusstsein für Nachhaltigkeit in unserer Branche bereits stark verankert. Zweitens sehen wir, dass es auf diesem Weg kein Zurück mehr gibt. Der Übergang von der linearen in die Kreislaufwirtschaft wird politisch vorangetrieben, beispielsweise durch die neue europäische Verpackungsverordnung PPWR, die jetzt schrittweise in Kraft tritt. Das treibt vor allem die großen Brand-Owner um, denn viele Fragen sind in diesem Zusammenhang noch unbeantwortet: Woher kommen Rezyklate in ausreichender Menge und Qualität, um die – je nach Verpackungstyp –vorgeschriebenen 30 Prozent Rezyklatanteil zu erfüllen? Wie können die vorgeschriebenen Rezyklatanteile bei Lebensmittelverpackungen realisiert werden, wo die Verwendung von Rezyklaten heute oft noch durch andere Vorschriften untersagt wird. Alle Marktteilnehmer beschäftigen sich mit diesen Fragen und arbeiten an Lösungen, um bereit zu sein, wenn der erzwungene Umschwung kommt. Wir sind überzeugt, dass dieser Zwang nötig ist. Kreislauffähige Lösungen sind heute oft teurer und würden sich ohne regulatorisches Eingreifen nicht so schnell am Markt durchsetzen.

Welche Entwicklungen erwarten Sie in der Zukunft? 
Ich glaube, man wird auf der nächsten K einen Automatisierungssprung sehen – in der Folienextrusion, aber auch in anderen Bereichen der Kunststoffverarbeitung. Es werden auch noch einmal deutliche Effizienzsprünge besonders in den Technologien zu sehen sein, die zur Kreislaufwirtschaft beitragen. Wir konnten zum Beispiel recyclingfähige All-PE-Monomaterialfolie mit einer Dicke von nur 18 Mikrometern produzieren, wodurch sie wirtschaftlich betrachtet, erstmals mit konventioneller PET-PE-Folie konkurrieren kann. Auf der letzten K war außerdem das Thema Digitalisierung noch relativ abstrakt. In diesem Jahr werden wir sehr viele konkretere Anwendungen sehen. Fortsetzen wird sich der Trend zur Modularität. Die Kunden entscheiden für sich, wie sie ihre Maschine ausstatten und in welchem Maße die Digitalisierung ihnen dabei hilft – inklusive KI-Anwendungen, bei denen man schon heute den konkreten Nutzen erkennt und sich nochmal enorme Verbesserungspotenziale eröffnen.