Fügen und Verbinden von Composites

Alternativen der Zukunft für bewährte Klebetechniken

Das Fügen von Composites ist eine echte Herausforderung, denn die Werkstoffe gelten als schwer zu verbinden. Da thermische Verfahren bislang ausscheiden, stehen vor allem mechanische Fügetechniken im Fokus der Forscher, darunter Falzen, Kleben, Nieten oder Schrauben. Welche Vor- und Nachteile jedes dieser Verfahren für welchen Faserverbundwerkstoff bietet, zeigt die COMPOSITES EUROPE vom 6. bis 8. November 2018 in Stuttgart.

Verschiedene Faktoren sind bei den einzelnen Verfahren zu beachten. So werden beim Nieten durch das Stanzen des Vorlochs die Faserschichten durch Delamination geschädigt. Auch beim Bohren wird das Bauteil geschwächt. Zudem ist die Kraftübertragung zwischen den beiden zu fügenden Komponenten lokal sehr begrenzt. Beim Kleben wiederum können die Spaltdicken Probleme bereiten. Dennoch ist es aufgrund der gleichmäßigen Kraftübertragung, die die Werkstoffeigenschaften am besten ausnutzt, das Standardverfahren beim Fügen von Faserverbundwerkstoffen. Wie die einzelnen Prozesse aussehen, zeigen unter anderen das Institut für Schweißtechnik und Fügetechnik (ISF) der RWTH Aachen, Oxford Advanced Surfaces und Weiss Chemie + Technik auf der COMPOSITES EUROPE.

BMW setzt bei Elektro-Modellen auf Klebetechnologien

Bei der Fertigung der CFK-Karosserie seiner Elektro-Modelle i3 und i8 verzichtet BMW auf mechanische Fügeverfahren und setzt ausschließlich auf eine spezielle Klebetechnologie, die für diese Baureihen inzwischen zum Standardverfahren geworden ist. Damit werden mechanische Schädigungen der CFK-Komponenten vermieden, was zu einer höheren Stabilität der Bauteile führt und zudem Kosten einspart.

Entscheidend für die Haftung des Klebers ist dabei eine entsprechendeOberflächenvorbereitung. Aufgrund der vielfältigen Eigenschaften der Composites ist dies bei jeder Anwendung individuell verschieden – sowohl hinsichtlich der Matrix als auch in Bezug auf die jeweiligen Fasern, die zum Einsatz kommen. Daneben beeinflussen auch Prozessbedingungen und -materialien die Haftungsqualität und Haltbarkeit der Klebeverbindung. Aufgrund dieser Komplexität ist die Erforschung und Bewertung von bewährten Verfahren und neuen Technologien für das Fügen von Faserverbundwerkstoffen und anderen Hybriden Gegenstand zahlreicher wissenschaftlicher Arbeiten.

Thermisches Direktfügen als Alternative für klassische Verfahren

So haben Experten des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) eine neuartige, robuste und kostengünstige Verbindungstechnik zum Kleben von Konstruktionsbauteilen entwickelt. Dieses hybride Verfahren kombiniert anorganische mit organischen Klebschichten und ist damit wesentlich kostengünstiger und weist gleichzeitig eine höhere Beanspruchbarkeit auf. Es eignet sich in der Fügetechnik insbesondere zur Verbindung von Konstruktionsbauteilen und kann in zahlreichen Branchen wie in der Windkraft, im Bauwesen aber auch im Automobil- und Maschinenbau eingesetzt werden.

Klebeprozesse gar ganz ersetzen will das Fraunhofer-Institut für Werkstoff- und Strahltechnik (IWS) Dresden mit dem Verfahren „HeatPressCool-Integrative“ (HPCI). Das so genannte thermische Direktfügen verpresst laserstrukturiertes Metall mit thermoplastischen Bauteilen und erwärmt sie lokal. Auf diese Weise schmilzt der thermoplastische Kunststoff, dringt in die Strukturen ein und haftet an der Oberfläche. Eine eigens dafür entwickelte Fügezange erzeugt binnen Sekunden robuste Verbindungen.

Faserlaser ermöglichen berührungsloses Fügen

Zum form- und stoffschlüssigen Verbinden von faserverstärktem Thermoplast (Organoblech) mit Metall haben die IWS-Experten darüber hinaus das sogenannte Steg-Schlitz-Prinzip entwickelt. Das Organoblech dient hier als Stegblech, ein metallisches Blech als Schlitzblech. Zum Fügen wird ein Faserlaser eingesetzt. Er erlaubt einen sehr fein einstell- und regulierbaren Wärmeeintrag und erhitzt berührungslos und exakt positioniert den überstehenden Teil des faserverstärkten Stegblechs. Die zweidimensionale und hochfrequente Strahlauslenkung mithilfe einer Scanneroptik ermöglicht eine gleichmäßige Erwärmung des Kunststoffs. Das richtige Erwärmungskonzept sichert hier die Qualität dieses sensiblen Prozesses.

Das Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung (IFAM) in Bremen hat in einem Projekt mit Partnern des CFK-Valley Stade eine Testanlage für das automatisierte, klebetechnische Fügen von FVK-Platten im Flugzeugbau entwickelt. Mit deren Hilfe werden gegenüber der bisherigen Methode Kosten gespart und ihre Bedeutung erstreckt sich darüber hinaus in alle Branchen, die leichte, formstabile und kostengünstige Bauteile benötigen.

Mehr Effizienz durch Kombination von 3D-Druck und Organoblechen

Dabei ist es den Projektpartnern gelungen, die bisher manuelle Spanten-Montage mit einem Füllen der Spalte durch einen vollständig automatisierten Ablauf zu ersetzen. Im Hinblick auf eine künftige Serienfertigung ist darüber hinaus bereits für die nötige erforderliche Antriebsintelligenz gesorgt. Mit Hilfe des dezentralen Konzepts lässt sich selbst eine hohe Anzahl an Antrieben auf engem Raum konzentrieren und mit geringem Verkabelungsaufwand modular anpassen und effizient steuern.

Im Projekt „LightFlex“ setzen Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für Produktionstechnologie (IPT) in Aachen auf eine Kombination aus 3D-Druck und Organoblechen aus unidirektionalen Halbzeugen. Um die Belastbarkeit zu optimieren, werden die dreidimensional gedruckten Bauteile mit einer Faserverbund-Komponente zusammengefügt. Hierfür kommen individuell zugeschnittene Organobleche zum Einsatz, die auf einer so genannten PrePro-Anlage endkonturnah gefertigt werden. Das minimiert Verschnitt und führt zu deutlichen Einsparungen bei den mit hohem Energieaufwand hergestellten Kohlenstofffasern.

COMPOSITES EUROPE 2018 in Stuttgart

Die COMPOSITES EUROPE zeigt vom 6. – 8. November sämtliche Fertigungsprozesse faserverstärkter Kunststoffe, von Rohstoffen bis zu Verarbeitungsprozessen. Im parallel stattfindenden Lightweight Technologies Forum geht es zudem um Leichtbau-Innovationen in Automobilbau, Luftfahrt, Bootsbau, in der Windenergie-Wirtschaft und im Bausektor.

Die Messebesucher treffen auf rund 300 Aussteller aus 30 Nationen, die in Stuttgart, der führenden Technologieregion der Branche im weltweit führenden Forschungs- und Entwicklungsland Deutschland, den Stand der Technik und das Potential von Faserverbundwerkstoffen zeigen – und das nicht nur im Ausstellungsbereich, sondern auch auf den zahlreichen Event-Areas, in Vortragsforen, Themenrundgängen und Workshops.

Organisiert wird die COMPOSITES EUROPE vom Messeveranstalter Reed Exhibitions in Kooperation mit dem europäischen Branchenverband EuCIA und der Wirtschaftsvereinigung Composites Germany, einem Zusammenschluss der Organisationen AVK, CCeV, CFK-Valley und VDMA AG Hybride Leichtbau Technologien.

Quelle: Composites Europe