Interview auf dem Weg zur K 2025 mit Ulrich Reifenhäuser, Vorsitzender des Ausstellerbeirats der K, und Thorsten Kühmann, Geschäftsführer des Fachverbands Kunststoff- und Gummimaschinen im VDMA.
Große Teile der globalen Wirtschaft spüren derzeit konjunkturellen Gegenwind. Welches Signal sendet da der Umstand, dass die K 2025 schon jetzt ausgebucht ist?
Ulrich Reifenhäuser: Daran zeigt sich, dass die globale Einschätzung der Branche weiter positiv ist. Die Kunststoffindustrie hat in der Vergangenheit hervorragende Produkte und wertvolle Lösungen entwickelt und das wird sich in der Zukunft fortsetzen. Kunststoff ist ein relativ junger Werkstoff. Er hat noch ungeheuer viel Potenzial. Ja, wir haben konjunkturell schwierige Zeiten, aber die gehen vorüber. An dem Bedarf an Kunststofflösungen ändert das grundsätzlich nichts. Die will man zeigen, die will man sehen. Deshalb trotzt die K allen Herausforderungen und bleibt das Zentrum der Kunststoffwelt.
Thorsten Kühmann: Wir durchleben eine Zeit großer Unsicherheiten. Es gibt aber einige Fixsterne, die eine große Strahlkraft haben. Die K ist ein solcher Fixstern. Alle wissen, die K ist gesetzt und die Welt kommt dorthin. Sie bietet die Orientierung, die in schwierigen Zeiten erst recht nötig ist. Das spiegelt sich auch in dem Motto der K 2025 “The Power of Plastics – Green, Smart, Responsible.
Dieses Motto zeugt von großem Selbstbewusstsein. Worauf gründet es?
Kühmann: Wir sind der Meinung, dass der Werkstoff Kunststoff die Lösung für die großen Fragen unserer Zivilisation bietet. Kunststoff trägt zum Beispiel zu einer Verbesserung des Weltklimas bei.
Denn die CO2-Emissionen sinken, weil Fahrzeuge durch mehr Kunststoffeinsatz leichter werden und dadurch weniger Energie vebrauchen. Der Energieeinsatz wird auch in der Bauindustrie stark reduziert, weil Gebäude durch Kunststoff besser isoliert werden. Der CO2-Fußabdruck wird kleiner, weil durch Kunststoffverpackungen weniger Lebensmittel verderben. All das sind große Beiträge der Kunststoffindustrie. Ein weiterer Punkt ist die Kreislaufwirtschaft. Ressourcen werden nicht nur einmal gebraucht, sondern immer wieder. Wir schaffen die Recyclingfähigkeit. Da ist vieles schon möglich. Daher das Motto “The Power of Plastics”. Wir müssen es nur tun.
Reifenhäuser: Es ist einfach eine Tatsache, dass wir auf dieser Welt ein riesengroßes Problem mit dem Klima haben. Ebenso richtig ist, dass Kunststoff das klimafreundlichste Material ist. Für die
Herstellung wird deutlich weniger CO2 verbraucht als für andere Materialien. Dieser Klimavorteil würde sofort sichtbar, wenn zum Beispiel auf Verpackungen der CO2-Fußabdruck stehen würde. Es ist also nicht vermessen, sehr selbstbewusst aufzutreten.
Die Kreislaufwirtschaft ist noch jung. Wo stehen wir heute?
Reifenhäuser: Wir sind weiter als vor drei Jahren. Der Maschinenbau hat inzwischen ein erstaunlich hohes Level erreicht. Die technischen Lösungen für das Recycling sind größtenteils verfügbar. Wir könnten aber schon dreimal so gut dastehen, als wir es tatsächlich tun. Sprich: Wir könnten schon viel mehr recyceln. Warum tun wir das nicht? Weil Recycling technisch anspruchsvoll und damit teurer ist als Kunststoffneuware. Aber niemand will die höheren Kosten bezahlen. Der Verbraucher ist extrem kostenbewusst. Und die Markenhersteller stehen unter enormem Wettbewerbsdruck. Kunststoff hat seinen Siegeszug angetreten, weil er so viel besser ist als andere Materialien. Aber der Schritt in die Kreislaufwirtschaft, der kostet Geld. Dieses Kostenproblem wird nicht ohne ordnungspolitische Vorgaben in den Griff zu bekommen sein.
Kühmann: Das stimmt. Aber es gibt Licht am Horizont. Ein Schlüssel zu sinkenden Kosten ist eine viel stärkere Durchdringung mit Digitalisierung. Das betrifft zum einen die Digitalisierung der Maschinen- und Anlagensysteme. Denn dadurch können Prozesse besser gesteuert werden. Dann kann man auch mit schwierigem Material besser umgehen – und Rezyklate sind nun einmal schwieriger in der Handhabung. Zum anderen müssen auch die Materialflüsse digitalisiert werden. An dieser Stelle setzt zum Beispiel der digitale Produktpass an, der ein Produkt über den gesamten Lebenszyklus digital trackt. Maschine und Produkt, das sind zwei Hebel, an denen man ansetzen kann, um die Kosten nach unten zu bringen. Das wird noch Zeit kosten, aber wir sind auf gutem Weg.
Wie weit sind die Unternehmen denn konkret bei der Digitalisierung? Ist auch schon KI im Einsatz?
Kühmann: So gut wie jedes Unternehmen des Kunststoffmaschinenbaus setzt heute auf Digitalisierung. Das Thema ist überall angekommen. Viele Unternehmen setzen sogar schon auf den digitalen Vertrieb. Neuerdings hält auch künstliche Intelligenz Einzug. Die Unternehmen haben im Zuge der Digitalisierung ihrer Prozesse so viele Daten verfügbar, dass sie mit intelligenten Algorithmen bestimmte Anforderungen einfach viel besser lösen können. Vor drei Jahren hat noch niemand über künstliche Intelligenz gesprochen. Inzwischen ist sie in aller Munde. Auch die ersten Praxisbeispiele sind da.
Reifenhäuser: Im Kunststoffmaschinenbau wird schon seit über 40 Jahren automatisiert. Jetzt gehen fast alle den Schritt weiter und setzen auf Digitalisierung. Das heißt im Kern: Es werden dank schnellerer Prozessoren viel größere Datenmengen und damit mehr Information aufgenommen. Damit lassen sich die Prozesse noch einmal spürbar verbessern. Der nächste Schritt ist die intelligente Verarbeitung der unter-schiedlichen Informationen. Da sind wir bei der KI, welche enorme Mehrwerte generiert – in der Konstruktion, in der Produktion oder im Service. Das Potenzial ist gewaltig.
Wo steht der Mensch künftig im Kunststoff Maschinenbau?
Kühmann: Die Mitarbeitenden sind eines der wichtigsten Assets, die wir haben. Umso mehr, als wir aufgrund der demografischen Entwicklung kaum noch ausreichend Nachwuchs für bestimmte Qualifikationen bekommen können. Wir müssen daher einerseits versuchen, den Maschinenbau für mehr Menschen attraktiv zu machen, gerade auch für Frauen. Auf der anderen Seite müssen wir die Digitalisierung vorantreiben bis hin zu KI. Dadurch werden Prozesse verschlankt und man kommt letztlich mit weniger, aber qualifiziertem Personal zurecht.
Wie adressiert der VDMA die angesprochenen Themen auf der K?
Kühmann: Auf der Messe füllen wir das gemeinsam mit unseren Mitgliedern und Partnern erarbeitete Motto “The Power of Plastics – Green, Smart, Responsible” mit Leben. Wir werden alle Facetten dieses Mottos für die Besucher sichtbar machen. Im Außenbereich der K werden Unternehmen konkrete Lösungen präsentieren und damit zeigen, wo wir als Industrie aktuell stehen: im Recycling, in der Kunststoffverarbeitung, in der Digitalisierung. Dazu werden wir im VDMA-Dome einen Überblick über all diese Maschinenanwendungen und Digitalisierungslösungen geben. Dort werden wir außerdem Nachwuchs-Themen diskutieren.
Reifenhäuser: Diese Ausstellung im Außenbereich wird natürlich flankiert von den Neuerungen und Spezialentwicklungen, die auf den Messeständen der einzelnen Unternehmen zu sehen sein werden. Man kann also beides erfahren: Die Stärke des Kunststoffs in seiner Gesamtheit auf dem VDMA-Gelände und die technischen Finessen bei den Unternehmen. Da wird es wieder einiges zu sehen geben. Im Kunststoffmaschinenbau sind die Entwicklungszyklen in den Unternehmen eng an den Dreijahreszyklus der K angelehnt. Das erklärt auch jedes Mal die Präsentationsfreude der Anbieter und das große Interesse des Fachpublikums.