Recyclingstrategien, -vorgaben und Recyclingprozesse – ein Rückblick auf das wip-Forum Kunststoffpraxis 2025

Am 27. März führten Peter Barlog, BARLOG Plastics GmbH, und Prof. Hans-Josef Endres, IKK – Institut für Kunststoff- und Kreislauftechnik der Leibniz Universität gemeinsam durch das wip-Forum Kunststoffpraxis mit dem Titel „Technische Kunststoffe im Kreislauf“.

„Längst schon beziehen sich die EU-Rahmenbedingungen nicht mehr nur auf Verpackungen, sondern definieren klare Recyclingquoten für eine Vielzahl von Produkten. So zum Beispiel auch die am 18. Juli 2024 in Kraft getretene europäische Ökodesignverordnung. Ihre Vorgaben sollen sicherstellen, dass Produkte länger halten, repariert und recycelt werden können und dass sie nachhaltiger, also energie- und ressourcensparender, hergestellt wurden. Diesen Anspruch verfolgt auch die EU- Altfahrzeugverordnung (ELV) für alle neuen Fahrzeuge sowie weitere spezielle Verordnungen für andere Produktgruppen.“ Mit diesen Worten eröffnete Prof. Hans-Josef Endres die Veranstaltung.

Peter Barlog betonte anschließend, wie wichtig zirkuläre Ansätze für technische Kunststoffe sind, da diese in der Regel einen höheren ökologischen Impact und zugleich auch einen höheren kommerziellen Wert haben.

Nachhaltigkeit soll zur EU-Norm werden und damit die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen, die sie umsetzen, stärken, so der Grundgedanke der Initiatoren. Dem kann Michael Weigelt, TecPart – Verband Technische Kunststoff-Produkte e.V., nicht ganz zustimmen. „Aktuelle Umfrageergebnisse zeigen, dass die EU-Regulatorien der Kunststoffbranche eher schaden anstatt zu helfen.“ Es besteht für die Politik noch großer Handlungsbedarf die jeweiligen Verordnungen und Richtlinien genauer auszuformulieren sowie auch die politischen Gestaltungsspielräume sinnvoller zu nutzten. Dennoch ist Weigelt nicht nur pessimistisch. Seiner Meinung nach hat die Anpassung des ELV-Entwurfes die Situation in der Automobilindustrie bereits etwas entschärft und der neue Clean Industrial Deal lässt hoffen.

Prof. Endres zeigte in seinem Beitrag die technischen Potenziale für ein höherwertiges mechanisches Recycling auf. Dabei wurden verschiedene Ansätze entlang der gesamten Recycling Wertschöpfungskette dargestellt.

Dieser optimistischen Haltung schlossen sich die nachfolgenden Referenten des Forums zumeist an.

So berichtete Dr. Rainer Lenzen, Miele & Cie. KG, zunächst von den drei entscheidenden Handlungsfeldern für eine funktionierende Kreislaufwirtschaft: a) Engagement der Unternehmen b) Akzeptanz der Verbraucher und c) sinnvolle und klare Regulierungen. Als Familienunternehmen ist Miele bestrebt, möglichst nachhaltig zu agieren. In diesem Zusammenhang berichtet Lenzen von einer Fallstudie aus dem Bereich „Weißwaren“ die großes Potenzial für zirkuläre Geschäftsmodelle aufzeigt.

Hartmut Schoon von der ENNEATECH AG, stellte Versuchsergebnisse des mechanischen Recyclings von Polyamiden (PA) und Polyethylenterephthalat (PET) mit und ohne Glasfaser aus Post-Consumer- und Post-Industrial-Abfällen vor. Er berichtete von eigenen Entwicklungen der Prozesstechnik, die dazu führen, dass das Rezyklat teilweise bessere mechanische Eigenschaften als Neuware aufweist.

Das Spannungsfeld zwischen Ökologie, Ökonomie und Performance stand bei Peter Barlog im Vordergrund. Auch für technische Kunststoffe werden die ökologischen Materialaspekte ein immer wichtigerer Bestandteil des Eigenschaftsprofils. Um den gesetzlichen Vorgaben zu folgen, also nachhaltige Bauteile zu produzieren, die dennoch am Markt konkurrieren können, müssen Unternehmen heute Kompromisse eingehen. Um diese Kompromisse abschätzen zu können, hat Barlog ein eigenes Werkzeug entwickelt. Mit dem „Eco Calculator“ könne der Carbon Footprint mit dem Eigenschaftsprofil und dem ökonomischen Output bereits in der Frühphase der Produktentwicklung ins Optimum gebracht werden.

Über Erfolgsbeispiele für eine gelungene Kreislaufwirtschaft konnte auch Dr. Patrick Glöckner, Evonik Operations GmbH, informieren und stellte neben verschiedensten Beispielen zu Recyclingprozesshilfsmitteln oder chemischen Ansätzen zum Entfernen von Druckfarben, recyclebare Bauteile aus PA12 für das Interieur von Autos vor.

Jens Kaatze von der MOCOM Compounds GmbH & Co. KG beleuchtete die Herausforderungen, die auf Compoundeure zukommen, wenn sie die Rezyklatvorgaben des Gesetzgebers in die Praxis umzusetzen wollen. So werden für Fahrzeuge zwar Quoten vorgeschrieben, aber welches Kunststoffrezyklat die Branche ordert und in welcher Qualität, das kann der Compoundeur nur versuchen abzuschätzen. Letztlich ist er aber wirtschaftlich dazu gezwungen, möglichst frühzeitig die richtigen Inputströme sicherzustellen.

Im letzten Vortrag von Carsten Niermann, Firma Akro Plastic GmbH, wurden Ansätze zur Reduzierung des Treibhauspotenzials präsentiert, wie biobasierte Kunststoffe, recycelte oder massenbilanzierte Materialien oder rezyklierte Carbonfasern.

Trotz zunehmender Regularien und wachsender Umweltanforderungen zeigten die Referenten des wip-Forums erfolgversprechende Perspektiven für heute und die Zukunft auf. „Ein Weitermachen wie bisher funktioniert nicht mehr und daher bin ich erfreut“, so Endres im Nachgang an das Forum, „dass immer mehr verschiedene Akteure der Kunststoffbranche das Zepter selber in die Hand nehmen, nach guten Lösungen und vielversprechenden Alternativen suchen. Genau so kann es uns gelingen, die vorgegebenen Ziele zu erreichen, dass zeigen auch die vielversprechenden Beiträge der Referenten.“