Transparenz ist ein essenzieller Bestandteil der Unternehmensphilosophie von Bell, und gemeint ist nicht in erster Linie, dass transparente Kunststoffmate-rialien in der Produktion den Ton angeben. Vielmehr geht es Bell um eine transparente Kommunikation in Richtung Endverbraucher. Denn das nachhaltige Engagement des polnischen Kosmetikherstellers kann sich sehen lassen. In die Spritzgießproduktion schaffen es nur Anlagen und Systeme, die sehr sparsam mit Energie umgehen, wie die Spritzgießmaschinen, Roboter und Trockner von WITTMANN.
Auf dem Weg vom Parkplatz zum Empfang beeindruckt schon das Gebäude. Viel Holz in der Fassade, begrünte Dächer und rund herum große alte Bäume. Dass hier Nachhaltigkeit und Verantwortung großgeschrieben werden, fällt direkt ins Auge.
Wir befinden uns bei Bell PPHU Kosmetyki in Józefów, 20 Kilometer südostlich von Warschau und sitzen inzwischen im Büro von Produktionsleiter Waldemar Gula. Durch das rechte Fenster genießt er freien Blick in die Natur, durch das Fenster auf der anderen Seite behält er die Spritzgießproduktion im Blick. 48 Spritzgießmaschinen – allesamt aus der WITTMANN Gruppe und mit WITTMANN Linearrobotern versehen – umfasst der Maschinenpark aktuell. In den kommenden Monaten wird erweitert, denn die Nachfrage nach Bell-Kosmetikprodukten steigt rasant an.
Output bei gleichem Energieverbrauch mehr als verdoppelt
Angefangen hatte alles vor 35 Jahren mit der Produktion von Lippenstiften. Inzwischen deckt Bell die gesamte Bandbreite der dekorativen Kosmetik ab und liefert seine Produkte in mehr als 60 Länder der Erde.
Alle Primärverpackungen für Make-up, Lidschatten, Maskara und Co. werden im eigenen Haus produziert – mit einem starken Fokus auf Nachhaltigkeit. Servohydraulische SmartPower und vollelektrische EcoPower Spritzgießmaschinen dominieren das Bild. Entscheidungskriterium Nummer eins bei der Investition in neue Spritzgießtechnik ist die Energieeffizienz. „Mit jeder neuen Maschine steigt die Energieeffizienz weiter an“, berichtet Gula. „Wir haben zu Beginn des Effizienzsteigerungsprogramms neun Millionen Teile im Monat produziert. Heute sind es 20 Millionen und dennoch ist der Energieverbrauch der Spritzgießerei konstant geblieben.“
Gula führt diesen Erfolg auf den konsequenten Einsatz von Spritzgießtechnik aus der WITTMANN Gruppe zurück. Die Maschinen der EcoPower Baureihe sind mit hochdynamischen Servomotoren zum Antrieb der Hauptbewegungen ausgerüstet. Dank KERS wird die Bremsenergie der Antriebe zurückgewonnen und innerhalb der Maschine zum Beispiel zur Spannungsversorgung der Steuerung oder für die Zylinderheizung genutzt. „KERS steht für Kinetic Energy Recovery System“, erklärt Bogdan Zabrzewski, Geschäftsführer der WITTMANN Niederlassung in Polen. „Mit KERS kann der Energieverbrauch zusätzlich um bis zu fünf Prozent reduziert werden.“
Auch die servohydraulischen SmartPower Maschinen aus der WITTMANN Gruppe arbeiten mit KERS. Die Kombination aus reaktionsschnellen Servomotoren und leistungsstarken Konstantpumpen ist bei dieser Baureihe Standard. Für die Spritzgießverarbeitung heißt das: höchste Dynamik sowie Schnelligkeit und Präzision der Maschinenbewegungen bei gleichzeitig minimalem Energieverbrauch.
Individuelle Trocknerlösung für PETG
Kleine schlanke Flaschen laufen am Tag unseres Besuchs vom Austaktband einer EcoPower 300 Spritzgießmaschine, produziert in einem 16-fach-Werkzeug. Wenn man es nicht besser wüsste, würde man beim Material auf Glas tippen. In Wahrheit ist es PET. „PET sieht aus wie Glas, bricht aber nicht, wenn es runterfällt“, erklärt Gula, weshalb dieser Werkstoff bei Kosmetikverpackungen eine immer größere Rolle spielt. Vor zwölf Jahren war Bell damit der Vorreiter. „Wir waren der erste Kosmetikhersteller, der Flaschen für Maskara und Lippgloss aus PET produziert hat“, so Gula.
Heute wird vor allem PETG verarbeitet, eine Glykol-modifizierte Variante, die sich durch eine besonders hohe Tansparenz und Schlagzähigkeit auszeichnet und zugleich sehr gute Verarbeitungseigenschaften besitzt. Mit ihren Standard-Universalschnecken liefern die SmartPower und EcoPower Maschinen mit PETG sehr gute Spritzgießergebnisse. „Lediglich an die Trocknung stellt das Material besondere Anforderungen“, verrät Gula. Während normales PET bei Temperaturen von 160 °C getrocknet wird, benötigt PETG deutlich niedrigere Temperaturen zwischen 60 und 70 °C. „Wir haben die WITTMANN Drymax Trockner deshalb gezielt für unseren Kunden Bell mit einer Kühlung ausgestattet“, so Bogdan Zabrzewski. Wichtig bei dieser individuellen Lösung war für Bell, dass die Kühlung nach Bedarf zu- oder abgeschaltet werden kann. Denn die Trockner werden flexibel auch für andere Materialien genutzt.
„Der Drymax von WITTMANN hat uns absolut überzeugt“, sagt Gula. „Wir erreichen damit einen Taupunkt von -67 °C. Das hat bei uns noch kein anderer Trockner erreicht.“ Zabrzewski erklärt die Leistungsstärke der Drymax Trockner mit dem Einsatz von zwei Trockenmittelpatronen: „Die Trockner liefern kontinuierlich Prozessluft und eine konstant hohe Trockenluftqualität.“ Dank Gegenstrom-Regeneration zeichnet sich auch der Trockner durch eine besonders energiesparende Arbeitsweise aus.
Maschinen mit kurzen Lieferzeiten
Die Kundenstruktur von Bell ist heterogen. Neben vielen langjährigen Kunden, die lange im Voraus und immer große Mengen ordern, kommt täglich eine Vielzahl kurzfristiger Aufträge mit eher kleinen Abnahmemengen ins Haus. Hinzu kommt, dass jeder Ländermarkt unterschiedliche Anforderungen stellt, was in Summe eine sehr große Zahl an aktiven Werkzeugen und häufige Werkzeugwechsel bedingt. „Elastische Produktion“ nennt Waldemar Gula dieses hohe Maß an Flexibilität, das Bell tagtäglich unter Beweis stellen muss.
Noch weiter verschärft wird die Produktionsplanung durch die immer kürzer werdenden Innovationszyklen. „Oft kommt schon nach einem Jahr ein völlig neues Verpackungsdesign“, berichtet Gula. Die eigene Werkzeugbauabteilung hilft, hier schnell und flexibel mithalten zu können. Gleiches erwartet der Kosmetikhersteller aber auch von seinen Zulieferern. „Kurze Lieferzeiten sind für uns das A und O“, betont Gula, der von WITTMANN schon die eine oder andere Lagermaschine abnahm und auf der Fakuma eine SmartPower 300 vom Messestand weg kaufte.
Monomaterialverpackungen im Trend
„Wir können jeden Verpackungswunsch erfüllen. Jede Form und jede Farbe – von transparent über matt bis hochglänzend“, sagt der Produktionsleiter und verrät, dass aktuell vor allem in der Spritzgießform erzeugte Hochglanzoberflächen verstärkt nachgefragt werden. Auch hierbei geht es um die Nachhaltigkeit, denn auf das Metallisieren und Verchromen wird zum Schutz der Umwelt und der Mitarbeiter zunehmend verzichtet. Unbeschichtete Monomaterialverpackungen sind im Trend, auch weil sie sich leichter recyceln lassen.
„Wir tragen eine hohe ökologische Verantwortung“, unterstreicht Waldemar Gula. „Uns ist es wichtig, bei allen Entscheidungen die Konsumenten mitzunehmen.“ Auf der Website informiert Bell zum Beispiel über die nachhaltige Produktion und gibt Tipps fürs richtige Entsorgen der Verpackungen, damit die Kunststoffmaterialien zurück in den Kreislauf gehen. Jede Kosmetikverpackung, die das Bell Werk in Józefów verlässt, ist mit einem QR-Code versehen. Auf diese Weise kann sich der Konsument sehr einfach über die verwendeten Verpackungsmaterialien und die Recyclingmöglichkeiten informieren. „Nur so kann Kreislaufwirtschaft funktionieren“, betont Waldemar Gula. „Wenn wir die Konsumenten als Teil der Wertschöpfungskette in unser Netzwerk einbinden.“