Der Endanwender muss überzeugt werden

OPC UA @NPE 2024 – What’s in it for the customer?

Branchen-Interview mit Frank Petrolli, VP Strategic Market Development bei Plasmatreat

Herr Petrolli, warum ist OPC UA wichtig für Plasmatreat?
Mit unserer CO2-reduzierenden Technologie Oberflächenbehandlung haben wir einen starken Fokus auf die Kunststoffindustrie. Mit dem OPC UA-Standard können unsere Maschinen eigenständig mit anderen Maschinen in einer Anlage kommunizieren. Und zwar ganz unabhängig davon, von welchem Hersteller sie kommen. Interoperabilität und Herstellerunabhängigkeit, das sind die größten Vorteile dieses Standards. Vor vielen Jahren haben wir schon zusammen mit Firmen aus dem Spritzgießbereich und mit Automatisierern in Arbeitskreisen zur EUROMAP-Schnittstelle mitgewirkt. Die Grundidee war da schon ein standardisierter Informationsaustausch. Was damals noch fehlte, war die konsequente Kommunikation in den verschiedenen Anwendungen.

Welche Kundenbranchen in den USA sehen den Einsatz von OPC UA eher skeptisch und welche stehen ihnen eher aufgeschlossen gegenüber?
Ich glaube, dass es nicht nur in den USA, aber dort eben auch, eine weitverbreitete Skepsis gegenüber OPC UA gibt. Das liegt im Kern an der generellen Skepsis gegenüber etwas Neuem. Die Unternehmen haben oftmals auch einfach nicht die Zeit, sich mit einem neuen Thema zu beschäftigen. Und sie wissen nicht, wie viel Personal sie dafür ausbilden müssen. Wie in vielen Teilen der Welt, gibt es seit einiger Zeit auch in den USA einen gravierenden Fachkräftemangel. Angesichts dieser Unsicherheiten sehen die Unternehmen in allen Teilen der Industrie lieber auf das, was sie haben, das Bewährte. Wenn der Betreiber, der Automatisierer einer Anlage, also zum Beispiel der klassische OEM, OPC UA nicht ausdrücklich in seinem Werk wünscht, wird es nicht eingesetzt.

Die von Ihnen genannten Vorteile eines weltweiten Maschinenstandards überzeugen nicht?
Viele unserer Kunden haben einfach noch nie davon gehört. Manchen sagt das zwar schon was, aber Genaues können sie sich nicht darunter vorstellen. Wir unternehmen große Anstrengungen, das Thema bekanntzumachen und den Nutzen zu erklären. Denn der Nutzen ist das, worauf es hier in den USA vor allem ankommt.

Wo muss man ansetzen, um den Nutzen zu zeigen?
Idealerweise beim Produktionsbetreiber, beim Endanwender. Er muss überzeugt werden. Es ist doch so: Wie eine neue Anlage auszusehen hat, bestimmt der Endkunde, also in der Regel der OEM, manchmal auch ein TIER 1. Die Automatisierungsfirma bekommt von ihm entsprechende Vorgaben. Sie muss die Maschinen und Aggregate zusammenstellen und dann sicherstellen, dass die Anlage läuft. Der OEM legt vorher die Spezifikation für eine neue Anlage fest. Realisiert wird sie aber erst Jahre später. Wenn wir als Zulieferer die Vorteile von OPC UA unserem Kunden aufzeigen, sagen wir einem Maschinenhersteller innerhalb dieser Anlage, sind wir quasi immer zu spät dran. Wenn man aber einen OEM überzeugt, dann wird der neue Standard in allen seinen Werken ausgerollt, weltweit. Das verschafft OPC UA aus meiner Sicht die größte Resonanz. Damit würden auch die Zulieferer, zum Beispiel Firmen wie wir, die Prozesstechnologie liefern, viel früher abgeholt. Sie würden sich viel stärker um ihre Anbindung an OPC UA kümmern, sprich darin Geld investieren, weil die den Mehrwert sähen, automatisch bei den Spezifikationen ganz zu Beginn der Planung dabei zu sein. Aber der OEM alleine ist es nicht.

Wer noch?
Auch die Hersteller von Anwendungen und Komponenten sollten sich intensiv mit dem Thema OPC UA auseinandersetzen. So wie Plasmatreat das tut. Sie sollten ihre Bedenken beiseiteschieben, dass sie dadurch vergleichbar und damit ersetzbar werden. Denn in der Realität ist es ein Wettbewerbsvorteil, wenn man sein System einfach und intuitiv integrierbar anbieten kann. Über OPC UA bekommen kleinere Firmen, so wie Plasmatreat, auch mehr Reichweite bei den Endkunden und Anwendern.

Wie sollte man einem OEM den Nutzen von OPC UA näherbringen?
Als Deutsche oder auch als Europäer sind wir sehr datenfokussiert. Wir stellen in den Vordergrund, was in Zahlen gemessen werden kann. Wenn wir mit amerikanischen Kunden sprechen, müssen wir aufhören, alles immer nur von der technischen Seite her zu besprechen und zu promoten. Wir müssen den Mehrwert für den Endkunden und Firmen wie Plasmatreat aufzeigen. Der amerikanische Kunde fragt immer: Was ist für mich dabei drin? Da geht es dann nicht nur um die Technologie. Es geht stattdessen um die Einfachheit, ein System zu integrieren und zu parametrieren – unabhängig von der Maschine. Man muss dem OEM sagen, er braucht nach der Implementierung weniger ausgebildetes Personal. Mit Einfachheit kann man in den USA punkten, denn sie ist für die Unternehmen extrem wichtig. Am Ende des Tages zählen nicht unsere Daten und Fakten, sondern es zählt die Perspektive desjenigen, der es benutzt. Wenn wir OPC UA auf diese Weise an die OEM herantragen, werden wir langfristig Erfolg damit haben.

Wie wichtig sind Messen wie die NPE für die Steigerung der Bekanntheit von OPC UA?
Es ist gut, den Standard auf Messen zu präsentieren. Die NPE 2024 ist für sich genommen schon einmal eine große Plattform. Für uns als Prozesslieferant, aber eben auch für die Spritzgusshersteller, die Automatisierer, die Zulieferer sowie die gesamte Lieferkette im Bereich Kunststoffe. Alle treffen sich dort mit potenziellen Kunden. Wir erwarten, dass die Besucher aus den verschiedenen Industrien kommen und offen sind für alles, was sich Neues getan hat. Schließlich war die letzte NPE vor sechs Jahren und viele der nordamerikanischen Kunden konnten bedingt durch Covid nicht zur K Messe nach Deutschland reisen, um sich dort entsprechend zu informieren. Aber es ist auch sehr wichtig, OPC UA außerhalb der Messen zu promoten. Es müsste mehr Kommunikation mit den einschlägigen Branchenverbänden geben. Hier könnte man mitunter besser erklären, was eine gemeinsame Schnittstelle tatsächlich bringt. Es gibt in den USA branchenübergreifende Industrieorganisationen. Es wäre sicherlich nützlich, OPC UA dort intensiver vorzustellen.